Die menschliche Seite der KI: Erfolgsfaktoren der Transformation

Die erfolgreiche Einführung von KI erfordert mehr als technologische Kompetenz. Dieser Artikel zeigt, warum strategische Fokussierung, gezielte Mitarbeiterschulungen und eine effektive Governance unerlässlich sind. Führungskräfte und Verantwortliche in HR, Learning & Development und People & Organisation erfahren, mit welchen Organisationsmodellen sie die KI-Transformation erfolgreich gestalten können.

1. Die Zukunft gestalten: KI als Motor für Innovation und Wandel

Innovation beschleunigt sich. In einer Welt, in der sich technologische Zyklen rasant verkürzen, setzen globale Innovationszentren, BigTechs und visionäre Köpfe aus der Startup-Szene disruptive Impulse. Wir stehen an der Schwelle zu einer Ära, in der datengetriebene und KI-gestützte Prozesse und Produkte zentrale Prioritäten für Unternehmen werden – angetrieben von exponentiellen Technologien, die neue Geschäftsmodelle und Wachstumschancen schaffen.

Doch wo steht Deutschland? Industrie und Mittelstand kämpfen oft damit, KI sinnvoll anzuwenden und Transformationen erfolgreich umzusetzen. Dieses Wissen speist sich aus mehr als einem Jahrzehnt eigener Erfahrung, Projekten bei Axel Springer hy zur Entwicklung zukunftsfähiger Organisationsstrukturen, unserer gemeinsamen Studie mit der Duke University sowie aus intensiven Gesprächen mit Führungskräften und Experten aus dem Personalwesen.

Eine Erkenntnis sticht hervor: Das Problem liegt selten allein in der Technologie, sondern in der Fähigkeit, KI strategisch zu integrieren und erfolgreich umzusetzen. Es fehlt vor allem an Talenten, Wissen und Kompetenzen, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen und langfristig nutzbar zu machen.

Auch andere Studien belegen den Nachholbedarf. 2026 werden in Deutschland zusätzlich 780.000 Fachkräfte mit digitalen, technologischen und transformativen “Future Skills” gebraucht (Stifterverband and McKinsey, 2021). Vor allem die Nachfrage nach Daten-Analysten und KI-Experten nimmt enorm zu (Stepstone, 2024). Auch komplett neue Rollen erfordern die Anpassung der Organisationsstruktur (Haufe, 2024). Ohne diesen Organisationswandel werden Fortschritt, Innovationskraft und das Recruiting von neuen Talenten signifikant verlangsamt. Die Studien verdeutlichen, dass wir unsere Perspektive von reiner Technologie hin zu umfassender Transformation erweitern müssen, wobei drei zentrale Aspekte in den Fokus rücken sollten:

Organizational Change: Struktur für den Wandel schaffen
KI verlangt neue Rollen, verzahnte End-to-End Prozesse und innovative Führungsansätze. Unternehmen müssen sich organisatorisch neu aufstellen, um KI als Kernbestandteil ihrer Strategie zu verankern.

Kulturwandel: Menschen befähigen und begeistern
Ein offener Dialog über Chancen und Ängste ist unverzichtbar. Mitarbeitende müssen nicht nur aktiviert, sondern auch inspiriert werden, damit KI als Werkzeug zur Unterstützung ihrer Arbeit wahrgenommen und effektiv eingesetzt wird.

Menschen im Mittelpunkt: Akzeptanz durch Nutzen schaffen
Die Frage ist nicht, ob KI die Arbeit der Menschen ersetzt, sondern wie sie diese optimiert. Akzeptanz entsteht erst, wenn KI nicht als Bedrohung, sondern als Unterstützung und Ermöglichung verstanden wird.

Wie lässt sich eine effiziente und effektive KI-Governance gestalten, die als verbindendes Element zwischen Technologie, Strategie, Struktur und den Menschen fungiert und die Kultur in den Fokus stellt? Sie sollte nicht nur bestehende Geschäftsprozesse optimieren, sondern auch strategisches Wachstum fördern, Mitarbeitende und Führungskräfte auf neue Rollen vorbereiten, sie gezielt schulen und einen umfassenden, nachhaltigen Wandel ermöglichen.

2. Was uns die Digitale Transformation 1.0 über Wandel lehrt

Die Herausforderungen der KI-Transformation liegen weniger in der Technologie selbst als in den strategischen, organisatorischen und kulturellen Voraussetzungen. Diese Erkenntnis ist nicht neu: Die Digitale Transformation hat bereits gezeigt, dass Erfolg nur durch einen ganzheitlichen Ansatz möglich ist. Wie können wir also aus den bisherigen Erfahrungen lernen und diese Lehren auf die KI-Transformation anwenden?

Eine Strategie mit Weitblick: Richtung geben statt improvisieren
Erfolgreiche digitale Transformationen zeichneten sich durch klar formulierte und messbare Strategien aus, die Unternehmensziele, vorhandene Ressourcen und Zeitachsen miteinander in Einklang brachten. Diese Strategien waren nicht nur technologisch geprägt, sondern auch organisatorisch ausgerichtet. Die Parallele zur KI-Transformation ist eindeutig: Eine integrierte Daten- und KI-Strategie ist der Kompass, der Organisationen durch komplexe Veränderungsprozesse führt.

Unternehmen steigern mit einer präzisen strategischen Ausrichtung ihre Erfolgschancen signifikant. Diese Strategie muss kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven vereinen, konkrete Potenziale identifizieren und priorisieren und die dafür notwendigen Voraussetzungen schaffen.

Leadership als Treiber des Wandels
Ein zentraler Erfolgsfaktor der digitalen Transformation war das Engagement des Top-Managements. Führungskräfte, die mutig agierten, digitale Technologien unterstützten und bereit waren, alte Paradigmen zu hinterfragen, schufen den Rahmen für Erfolg. Das Gleiche gilt für die KI-Transformation: Leadership bedeutet, die technologische Innovation nicht nur zu fördern, sondern auch aktiv zu steuern und als Vorbild für den kulturellen Wandel zu agieren. Veränderungsbereitschaft auf Führungsebene ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg. Ohne dieses Engagement bleibt jede Strategie ein Papiertiger.

Der Mensch im Mittelpunkt: Wandel braucht Kultur
Mitarbeitende wollen nicht nur informiert, sondern aktiv in den Wandel einbezogen werden. Der Arbeitsplatz der Zukunft wird von agilen, crossfunktionalen Teams geprägt sein, die basierend auf Fähigkeiten und nicht auf starren Hierarchien oder Rollen organisiert sind. Für die KI-Transformation heißt das: Kulturwandel ist kein Nebenschauplatz, sondern ein Kern der Veränderung.
KI-Teams müssen divers und kollaborativ arbeiten, um relevante Use-Cases zu entwickeln und zu skalieren. Datengetriebenes Wissensmanagement und messbare KPIs sind unverzichtbare Werkzeuge, um Erfolge sichtbar zu machen. Wie schon bei der digitalen Transformation gilt auch hier: Die Akzeptanz von Technologie hängt davon ab, wie gut sie Mitarbeitende in ihrer Arbeit unterstützt und weiterentwickelt

Kompetenzen als Währung der Zukunft
Die Bedeutung von digitaler Kompetenz steigt, denn die Einführung neuer Schlüsseltechnologien kann nur gelingen, wenn die Belegschaft darauf vorbereitet ist, sie anzuwenden. Für die KI-Transformation bedeutet das die Förderung von Data and AI Literacy und damit verbunden ein besseres Verständnis für datengetriebene Prozesse und die Fähigkeit, KI-Tools effektiv zu nutzen. Mitarbeitende müssen in die Lage versetzt werden, die Potenziale von KI nicht nur zu erkennen, sondern auch aktiv umzusetzen. Kontinuierliche Aus- und Weiterbildung auf Basis individueller Kompetenzen und Anforderungen aus aktualisierten Rollenprofilen bzw. Arbeitsplatzbeschreibungen gehören damit ganz nach oben auf die Aufgabenliste im Personalwesen in 2025.

Flexibilität als Grundprinzip
Die Fähigkeit, agil auf Veränderungen zu reagieren, war ein Schlüsselfaktor für die Digitale Transformation. Unternehmen, die starre Strukturen beibehielten, wurden von dynamischeren Wettbewerbern überholt. Für die KI-Transformation gilt dies umso mehr: Sie verlangt nach flexiblen Organisationsstrukturen, die kontinuierlich angepasst werden können. Ein adaptives Mindset ist entscheidend, um auf die schnelle Weiterentwicklung von Technologien zu reagieren. Unternehmen, die agil handeln, haben einen klaren Vorteil.

Die Quintessenz: Governance als kritischer Erfolgsfaktor
Eine Lehre, die sich aus diesen fünf Punkten buchstäblich aufdrängt, ist die zentrale Bedeutung von Governance. Die Digitale Transformation hat gezeigt, dass isolierte Rollen wie ein Chief Digital Officer (CDO) nicht ausreichen, um nachhaltigen Erfolg zu garantieren. Ebenso wird ein Chief AI Officer (CAIO) nur ein Baustein einer erfolgreichen KI-Transformation sein können.

Erforderlich ist eine integrierte KI-Governance, die nicht nur technologische, sondern auch strategische, organisatorische und kulturelle Faktoren miteinander verbindet. Sie muss den Wandel auf allen Ebenen steuern – von der strategischen Planung bis zur operativen Umsetzung – und gleichzeitig sicherstellen, dass ethische, gesetzliche und wirtschaftliche Anforderungen eingehalten werden.

3. Kein „One-Size-Fits-All“: Organisationsmodelle der KI-Transformation

Die Wahl des richtigen Organisationsmodells für KI-Transformationen ist eine hochgradig individuelle Entscheidung. Sie hängt nicht nur vom KI-Reifegrad der Organisation ab, sondern auch von strategischen Zielen, bestehenden Strukturen und der gewählten Implementierungsstrategie.

Es gibt kein perfektes Modell, das auf alle Organisationen gleichermaßen passt. Stattdessen zeigen unsere Projekterfahrungen, dass eine Kombination verschiedener Ansätze oft der Schlüssel zum Erfolg ist.

Zentrales Modell
Eine zentrale Stabsfunktion, Arbeitsgruppe oder ein Center of Excellence (CoE) passt gut zu einer strategiebasierte KI-Implementierung, da es die Entwicklung unternehmensweiter Leitplanken und Standards ermöglicht. Mit einem zentralisierten Budget und der Nähe zur Unternehmensleitung ist es besonders geeignet, disruptive Ideen schnell umzusetzen. Dieses Modell eignet sich für den Start der KI-Transformation in Unternehmen jeder Größe, die auf strategische Wachstumsfelder setzen.

Dezentrals Modell
Das dezentrale Modell unterstützt am ehesten eine technologiebasierte KI-Einführung, da es Teams in Geschäftsbereichen ermöglicht, individuelle Lösungen zu entwickeln und die dafür spezifischen (technischen) Voraussetzungen zu schaffen, wenngleich eine “Schatten-IT” und Redundanzen in der Infrastruktur zu vermeiden sind. Besonders geeignet für Unternehmen mit heterogenen Strukturen und Fokus auf Effizienzsteigerung, Produktivität und Kostensenkung.

Hybrides Hub-and-Spoke-Modell
Dieses Modell kombiniert eine strategiebasierte und technologiebasierte Strategie, da der Hub zentrale Steuerung und Ressourcenmanagement übernimmt, während die Spokes lokale Projekte anpassen und umsetzen. Es eignet sich besonders für Unternehmen mit etablierten KI-Initiativen, die skalieren wollen. Ideal für Konzerne mit mehreren Geschäftseinheiten, die zentralen Support für Infrastruktur und disruptive Investitionen mit lokaler Flexibilität für Optimierungsmaßnahmen kombinieren möchten.

Holokratisches Modell
Das holokratische Modell passt hervorragend zur kulturbasierten Einführung, da es die Akzeptanz durch maximale Partizipation und Eigenverantwortung stärkt. Besonders geeignet für Startups, Scaleups oder Unternehmen mit einem starken Fokus auf F&E-Projekte. Es findet Anwendung in dynamischen, innovationsgetriebenen Organisationen, die den kulturellen Wandel priorisieren.

Agiles Modell
Das agile Modell ist ideal für die Use-Case-basierte Einführung, da es schnelle Ergebnisse durch iterative Entwicklung und regelmäßiges Feedback ermöglicht. Kombiniert mit Lean-Ansätzen und Design Thinking ist es besonders geeignet für spezifizierte Entwicklungsprojekte in Unternehmen jeder Größe, die auf inkrementelle Fortschritte in kurzen Sprints und Flexibilität setzen.

Die vorgestellten Modelle bieten eine simplifizierte Orientierung für die Gestaltung der KI-Transformation. Jedes Modell bringt spezifische Stärken mit, die je nach Kontext und Anforderungen eines Unternehmens ideal eingesetzt werden können. Entscheidend ist, dass Organisationen ihre individuellen Bedürfnisse, Ressourcen und kulturellen Gegebenheiten sorgfältig bewerten. Flexibilität und die Bereitschaft, Strukturen an dynamische Entwicklungen anzupassen, sind unverzichtbar.

In der Praxis erfordert eine erfolgreiche KI-Transformation oft hybride Ansätze. Ein Unternehmen könnte beispielsweise mit einer zentralen Arbeitsgruppe starten, um strategische Leitplanken zu definieren, erste Leuchtturmprojekte umzusetzen und den KI-Reifegrad durch Trainings und performanter Infrastruktur zu steigern. Mit wachsender Erfahrung übernehmen dezentrale Teams die Skalierung, während der Nukleus Governance und Unterstützung bietet. Agile Teams könnten priorisierte Projekte mit hoher Geschwindigkeit umsetzen, während ein Hub-and-Spoke-Modell die zentrale Steuerung von Infrastruktur und lokaler Anpassung sicherstellt. So entsteht ein flexibles, leistungsstarkes System für den nachhaltigen Erfolg der KI-Transformation.

4. Den Wandel gestalten: HR als Treiber der KI-Transformation

Die Wahl der richtigen Governance-Struktur erfordert eine Analyse der individuellen Unternehmensziele. Strategische Fokussierung ist entscheidend: Eine klare KI-Strategie hilft, Prioritäten zu setzen und Ressourcen effizient einzusetzen. Dabei sind wenige, aber wirkungsvolle Use-Cases der Schlüssel zu schnellem Mehrwert und langfristiger Innovation. Es gibt keine Standardlösung – Flexibilität und Kontextsensibilität sind essentiell.
Die Einführung von KI ist aber keine rein technologische Herausforderung, sondern eine umfassende Transformation, die alle Unternehmensbereiche betrifft und daher insbesondere Personal & Organisation, Learning & Development und der Führungskräfteentwicklung eine wichtige Rolle zuschreibt, die in 2025 vor drei wichtigen Aufgaben stehen:

Strategieentwicklung und Aktivierung:
Entwickeln Sie gemeinsam mit der Unternehmensleitung und der Strategie-Abteilung eine klare, zielgerichtete KI-Strategie. Unterstützen Sie diesen Prozess, indem Sie geeignete Workshop-Formate konzipieren und durchführen. Diese sollten Führungskräfte und Mitarbeitende aktivieren, Wissen transferieren, KI erlebbar machen und ein geeignetes Format für die Identifizierung von Use Cases bereitstellen.

Kompetenzaufbau und Kulturförderung:
Starten Sie mit einer Analyse der aktuellen und zukünftigen Kompetenzanforderungen. Stellen Sie vorhandene Arbeitsplatzbeschreibungen jetzt auf den Prüfstand. Jeder Arbeitsplatz wird durch KI grundlegend verändert und neue Rollenprofile entstehen. Entwickeln Sie auf Basis einer Kompetenzmatrix zielgerichtete Schulungsprogramme, die individuelle Lernpfade ermöglichen und die “Data and AI Literacy” in Ihrem Unternehmen verbessern. Ziel ist es, Mitarbeitende zu befähigen, Ängste abzubauen und eine innovationsorientierte Kultur zu fördern, in der KI als unterstützendes Werkzeug wahrgenommen wird.

Strukturen und Abstimmung etablieren:
Wählen Sie ein Organisationsmodell, das zu den strategischen Zielen und dem KI-Reifegrad Ihres Unternehmens passt. Schaffen Sie die nötigen Strukturen, um Ihre Strategie effektiv umzusetzen. Stellen Sie sicher, dass Sie eng mit technischen Funktionen wie IT, ISMS, dem CISO und dem Data Protection Officer zusammenarbeiten, um technologische und regulatorische Anforderungen von Anfang an zu berücksichtigen.

Eine schnelle Umsetzung wird entscheidend sein, um Ihre Mitarbeitenden zu halten, neue Talente zu gewinnen und die Zukunft erfolgreich zu gestalten. KI-Transformation beginnt klein, braucht aber eine klare Vision – getragen von mutigen und visionären Führungskräften und einem engagierten HR-Team. Sind Sie auf der Suche nach einer KI-Kompetenzmatrix, benötigen Unterstützung bei der Gestaltung des Wandels oder möchten einzelne Schritte Ihrer Transformation mit uns challengen? Sprechen Sie uns an!

Autor

Jan Hasse

Jan ist Partner und Managing Director bei hy Technologies. Er verfügt über 10+ Jahre Erfahrung in angewandter Künstlicher Intelligenz (KI) bei Deloitte, PwC, Bertelsmann und der Allianz. Als visionäre Führungskraft und mutiger Macher war er maßgeblich an der Gründung des KI Parks Deutschlands beteiligt. Als Gründer eines Self-Service-Marktplatzes für KI-Lösungen verbindet er Corporate-Erfahrung mit Startup-Spirit. Jan konzipiert und entwickelt mit seinem Team KI-basierte Geschäftsmodelle und skalierbare Produkte zur Effizienzsteigerung und Kostenoptimierung für unsere Kunden im Mittelstand, Industrie und öffentliche Verwaltung. Mit einem starken Netzwerk in der europäischen KI-Szene verwandelt er KI in messbaren Geschäftserfolg und fokussiert sich auf KI-Innovationen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Zudem ist er gefragter Redner und Panelist auf führenden Veranstaltungen zu den Themen Machine Learning, Deep Learning und Generative KI.