3 Fragen an Gleb Tritus

Gleb Tritus ist Geschäftsführer des Lufthansa Innovation Hub, der zum dritten Mal mit dem Digital Lab Award ausgezeichnet wurde. Wir haben mit ihm über den Status Quo der Corporate Innovation Units in Deutschland gesprochen.

Hat sich die Positionierung und Wahrnehmung des Lufthansa Innovation Hub innerhalb des Lufthansa Konzerns in der Corona-Zeit verändert?

Definitiv – zum Besseren. Wir haben unseren Fokus vom „Morgen“ und „Übermorgen“ des Lufthansa-Konzerns auf das „Hier und Jetzt“ verlagert und helfen dem Kerngeschäft, die drängende Krise durch digital unterstützte Effizienz zu meistern. Dies ist vielleicht nicht unsere Hauptdisziplin, aber es zeigt sowohl auf der Führungs- als auch auf der Arbeitsebene deutlich, dass wir sehr schnell, sehr kostengünstig und mit der größten Lösungsorientierung, die man in einem Konzern haben kann, liefern können.

Dabei glaube ich wirklich, dass Covid-19 für viele digitale Labore die „beste Stunde“ sein kann, um genau diesen Punkt zu verdeutlichen. Gleichzeitig werden die finanziellen Zwänge, die mit den Nachwirkungen einhergehen, zwangsläufig dazu führen, dass viele dieser Aktivitäten, die nicht zum Erfolg geführt haben, beendet oder zumindest stark umpositioniert werden. Was uns betrifft, so sind wir für diesen Prozess, der meiner Meinung nach für die Innovationslandschaft der deutschen Unternehmen überfällig ist, gut positioniert.

Was sind heute die größten Herausforderungen für die Innovationseinheiten der Unternehmen im Allgemeinen?

Das Spannungsfeld zwischen Marktrealität vs. Kerngeschäftserwartungen sowie die unausweichliche Notwendigkeit der Exploration  vs. kurzfristiger Ziele bleibt eine übergreifende Herausforderung: Die verschiedenen Innovationsvehikel sind grundsätzlich gefordert, das jeweilige Unternehmen neu zu erfinden und dabei auf seiner Pfadabhängigkeit, seinem Umsetzungsdogma und seiner Risikoaversion aufzubauen. Dies ist auf so vielen Ebenen widersprüchlich! Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen zu finden, ist wie vor zehn Jahren, immer noch eine make-or-break-Entscheidung.

Inzwischen ist die Zeitspanne für die Validierung einer Innovations-Einheit kürzer geworden als in den Jahren zuvor, während die Verfügbarkeit von Top-Talenten und – mehr denn je durch Covid-19 vorangetrieben – von Budgets abnimmt. Das nächste Jahr wird ein Moment der Wahrheit für die gesamte Innovations-Landschaft sein.

Wie sehen Sie die Innovationslandschaft deutscher Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern?

Strukturell ist sie überraschend vielschichtig: Nach dem, was ich sagen kann, gibt es weltweit keinen zweiten Markt mit einer solchen Bandbreite an Corporate Innovation Labs (derzeit >270!), internen und externen Beschleunigern, Transformationsberatungen etc.

Offensichtlich garantiert Struktur allein noch keine Ergebnisse: In Bezug auf Explorationsbereitschaft, Risikobereitschaft und Budgetallokation mangelt es uns eindeutig. Beispielsweise wird Risikokapital als Vehikel für Unternehmensinnovationen immer noch weitgehend unterschätzt. Viele Partnerschaften von Unternehmensgründern haben, wenn überhaupt, einen symbolischen Wert. Und die wenigen nennenswerten Firmengründungen deutscher Traditionsunternehmen sind meist zum Scheitern verurteilt, was die Eigentumsverhältnisse und die unternehmerische Freiheit betrifft. Letztlich macht die Verankerung dieser Aktivitäten in den jeweiligen Spitzengremien deutlich, dass die „Deutschland AG“ noch auf dem Weg dorthin ist.

Um es ketzerisch auszudrücken: Wir springen in einem schicken Innovationswasserpark von den Sprungbrettern und lernen dabei immer noch schwimmen.