Schluss mit Stunden- und Tagessätzen!

Berater, IT-Companies, Marketingagenturen und andere Dienstleister sollten sich am generierten Output statt am Input messen lassen

In unserem zuletzt erschienenen Newsletter-Artikel sind wir darauf eingegangen, wie Artificial Intelligence (AI) die Preissetzung revolutioniert und wie der Einstieg ins AI-basierte Pricing gelingt (den Artikel finden Sie hier). AI wird jedoch nicht nur in der Preisgestaltung eingesetzt, sondern spielt auch in unserer täglichen Arbeit als Beratungsunternehmen sowie in der gesamten Professional Services Industrie eine transformative Rolle. Sie optimiert Arbeitsprozesse und steigert die Effizienz durch Automatisierung manueller Tätigkeiten.

AI-gestützte Tools werden in einer Vielzahl von Branchen eingesetzt: Sie generieren Inhalte und optimieren Werbekampagnen in Marketing- und Werbeagenturen, beheben Fehler und optimieren Code in IT-Dienstleistungen und automatisieren den Buchführungsprozess bei Finanzdienstleistern. Obwohl diese Liste nahezu endlos erweitert werden könnte, ist allen Anwendungsfällen eines gemeinsam: Die Arbeit wird effizienter und der zeitliche Aufwand für Menschen verringert sich. Schon jetzt liegt die Adoptionsrate von AI-Technologien im Professional Services Sektor bei geschätzten 39,1%. Prognosen zufolge wird dieser Anteil bis 2025 auf 85% ansteigen (Quelle).

Traditionell wird in der Professional Services Industrie der Wert einer Dienstleistung nach dem erforderlichen Zeitaufwand berechnet. Da Dienstleistungen von Menschen geschaffene immaterielle Güter sind, scheint die Verwendung von Tages- oder Stundensätzen zunächst sinnvoll. Doch während AI-Technologien die benötigte Zeit oft verkürzen, bleibt der eigentliche Wert der Dienstleistung unverändert und kann durch schnellere oder verbesserte Ergebnisse sogar steigen. Es ist daher an der Zeit, die Preisgestaltung von Dienstleistungen zu überdenken und ein ganzheitliches Angebot neu zu definieren.In diesem Artikel beschreiben wir, wie Anbieter von Professional Services im Rahmen von Value-based Monetarisierungsstrategien neue Wege finden können, um den Wert ihrer Arbeit neu zu berechnen und ganzheitlich zu betrachten. Abschließend geben wir zehn praktische Empfehlungen für die erfolgreiche Einführung dieser Strategie.

Value-based Monetization setzt immer eine ganzheitliche Betrachtung voraus und muss Teil der Unternehmensstrategie sein

In den letzten Jahren haben Konzepte wie Value-based Pricing, Value-based Selling und Value-based Product zunehmend an Bedeutung gewonnen, was sich beispielsweise an der großen Zahl von Google-Ergebnissen für Begriffe wie Value-based Pricing zeigt, die über 1,3 Millionen Treffer erreichen. Obwohl jedes dieser Konzepte für sich genommen sinnvoll ist, sind wir der Auffassung, dass Value-based Monetization ganzheitlich betrachtet und umgesetzt werden muss. Es reicht nicht aus, z.B. nur Preismetriken oder Verkaufsstrategien anzupassen; die Unternehmensstrategien müssen aus der Perspektive der geschaffenen Werte neu ausgerichtet werden.

Was ist in diesem Kontext aber konkret mit Value gemeint? Value definieren wir als den Mehrwert, den eine Dienstleistung dem Kunden für den gezahlten Preis bietet, sei es durch Umsatzsteigerungen, Kosteneinsparungen oder gesteigerte Kundenloyalität (Definitionen in Anlehnung an verschiedene Definitionen aus der Fachliteratur, wie z.B. Harvard Business Review, “Value-Based Pricing” von Harry Macdivitt und Mike Wilkinson, “Preisheiten” von Hermann Simon). Diese Definition sowie eine ganzheitliche Betrachtungsweise leiten unser Vorgehen bei hy, wo wir die Dimensionen Product, Pricing und Selling im Rahmen des Value Circles betrachten (vgl. Abbildung 1). Diese Dimensionen erfassen den geschaffenen Mehrwert auf verschiedenen Stufen und stehen in ständiger Wechselwirkung miteinander.

Für jede der drei Dimensionen des Value Circles können spezifische Werttreiber, sogenannte Value Creators, identifiziert werden, die den Wert einer Dienstleistung bestimmen. Wir möchten im Folgenden tiefer in jede Dimension des Value Circles eintauchen und anhand ausgewählter Value Creators erläutern, welche Möglichkeiten Unternehmen haben, um Wert für ihre Kunden zu generieren oder besser herauszustellen (vgl. hierzu Abbildung 2).

Durch die Paketierung können maßgeschneiderte Angebote für jeden Kunden oder jedes Kundensegment entwickelt werden, die sich genau an den Kernbedürfnissen des jeweiligen Segments orientieren (vgl. Abbildung 3). Dies bringt erhebliche Vorteile: Kunden profitieren von umfassenden Lösungen statt einzelner Dienstleistungen und der Vertrieb kann durch richtig zusammengestellte Produktpakete Up- und Cross-Selling-Potenziale nutzen. Zudem spart die Standardisierung Zeit bei der Angebotserstellung, da klar über die Vor- und Nachteile einzelner Pakete gesprochen werden kann.

Auch wir bei hy setzen auf die klaren Vorteile dieses Ansatzes: In den meisten unserer Projektangebote bieten wir unterschiedliche Optionen an. Mehrere Optionen geben den Kunden die Flexibilität, eine Lösung zu wählen, die ihren individuellen Bedürfnissen und Budgets entspricht, während sie Transparenz und Vergleichbarkeit schaffen und die Kundenzufriedenheit sowie die Möglichkeiten für Upselling erhöhen. Es lohnt sich, diesen Weg zu gehen, um sowohl Kunden als auch Unternehmen langfristig erfolgreich zu machen.

Value-based Pricing: Stunden- und Tagessätze sind Abrechnungsmethoden der Vergangenheit

Wie bereits zuvor erwähnt, handelt es sich bei der Preismetrik um einen zentralen Value Creator im Value-based Pricing. Viele Professional Services rechnen ihre Dienstleistungen auch heute noch auf Stunden- oder Tagessatzbasis ab.

Alle wissen, dass Time & Material als Abrechnungsmechanismus nicht mehr lange funktionieren wird. Mit der steigenden Effizienz durch Technologie wird es wichtiger, alternative Modelle wie Fixpreise oder Value-based Pricing zu berücksichtigen
Dr. Jan Wildhirth Managing Director Fieldfisher X

Früher war die benötigte Arbeitszeit eine transparente und gut messbare Metrik zur Abschätzung der Kosten einer Dienstleistung. Heute lassen sich jedoch viele Arbeitsschritte automatisieren, was die erforderliche Arbeitszeit reduziert. Es muss daher überlegt werden, welche andere Metrik den Wert der Dienstleistung adäquat widerspiegeln könnte.

Wir sehen am Markt aktuell vor allem zwei große Trends:

1. Projektpreise

Anstatt Dienstleistungen auf Stunden- oder Tagessatzbasis abzurechnen, setzen immer mehr Anbieter auf Festpreise für klar definierte Projekte. Dies bietet den Kunden Transparenz und Planungssicherheit, da sie im Voraus wissen, welche Kosten auf sie zukommen. Gleichzeitig kann der Dienstleister durch effiziente Arbeitsprozesse und Automatisierung seine Marge erhöhen.

Neben der klassischen Abrechnung nach Time & Material können wir unseren Kunden auch Projektpreise anbieten. Während der Vorteil für Kunden in der Planungssicherheit liegt, erlaubt es uns, durch effizienten Ressourceneinsatz unsere Margen zu erhöhen.

2. Erfolgsbasierte Modelle

Hierbei orientiert sich die Vergütung am Erfolg der erbrachten Leistung. Ein Beispiel dafür ist eine variable Umsatzbeteiligung, bei der der Dienstleister am erzielten Mehrwert für den Kunden partizipiert. Diese Modelle schaffen eine Win-Win-Situation, da der Dienstleister direkt am Erfolg des Kunden interessiert ist und beide Seiten von positiven Ergebnissen profitieren.

Bei hy arbeiten wir mit Festpreisen und erfolgsbasierten Modellen, um Transparenz zu gewährleisten und unseren Erfolg direkt an den Erfolg unserer Kunden zu koppeln.
Sebastian Herzog Co-CEO hy

Konkret bedeutet dies für uns als Unternehmensberatung: wir setzen bereits seit einiger Zeit nicht mehr auf Tagessätze, sondern auf Festpreise für ein Projekt mit klar definierten Projektergebnissen. Weiterhin bieten wir die Option an, uns am Erfolg unserer Ergebnisse messen zu lassen, indem wir in bestimmten Fällen eine variable Umsatzbeteiligung vereinbaren (vgl. Abbildung 4; mehr dazu auch hier)

Value-based Selling: Warum Multi-Factor Pricing und Rabattrechner im Vertrieb unverzichtbar sind

Zu guter Letzt wollen wir nun noch die Dimension des Value-based Selling beleuchten, welches den Value Circle komplementiert. Hier schauen wir uns den Value Creator Rabattrichtlinien genauer an.

Klare Rabattrichtlinien und eine strukturierte Multi-Factor Pricing-Strategie schaffen im Vertrieb zusätzlichen Mehrwert. Ein wertbasierter Ansatz berücksichtigt den individuell wahrgenommenen Wert der Leistung für jeden Kunden und hilft bei der Ermittlung unterschiedlicher Zahlungsbereitschaften (vgl. Abbildung 5). Preise können anschließend bis zur Höhe der jeweiligen Zahlungsbereitschaft gesetzt werden.

Ein Rabattrechner unterstützt den Vertrieb bei der Umsetzung von Multi-Factor Pricing. Er ermöglicht schnelle und präzise Berechnungen, die individuelle Kundenwerte, Wettbewerbssituationen und Rabattrichtlinien berücksichtigen. So können Vertriebsmitarbeiter fundierte und konsistente Preisentscheidungen treffen, die Unternehmensziele und Kundenbedürfnisse gleichermaßen berücksichtigen. Der Kalkulator schafft Transparenz im Pricing-Prozess, minimiert Fehler und steigert die Effizienz und Genauigkeit im Vertrieb. Dies führt zu einem höheren Umsatz, einer gesteigerten Kundenzufriedenheit und stärkt die Vertriebsmitarbeiter sowie den Erfolg des Unternehmens.

Von der Theorie zur Praxis – hilfreiche Tipps, damit der Weg zur Value-based Monetization gelingt

Die zuvor gezeigten Beispiele zeigen, dass die Ansätze für Value-based Monetization vielseitig sind. Es ist daher entscheidend, die Hebel zu identifizieren, die für das eigene Unternehmen die größte (und schnellste) Wirkung entfalten. Es ist wichtig, diesen Prozess ganzheitlich zu betrachten und die Einführung von Value-based Monetization von der obersten Ebene aus voranzutreiben. Wie der Value Circle verdeutlicht, müssen Product, Pricing und Selling aufeinander abgestimmt sein und sich gegenseitig ergänzen, um zu einer erfolgreichen Implementierung zu gelangen. 

Wie so oft in der Strategiearbeit gilt es auch hier, aus der Planung möglichst schnell ins Machen zu kommen. Durch einen schlanken Prozess mit einem cross-funktionalen Team lassen sich innerhalb weniger Monate die ersten Initiativen umsetzen.

Während des gesamten Prozesses ist es ausschlaggebend, zentrale Stakeholder des Unternehmens in den Prozess einzubeziehen. Nur wenn die Teams gemeinsam auf die definierten Ziele hinarbeiten, kann die Einführung der Value-based Monetization erfolgreich sein. Bei der Durchführung gibt es diverse Stolpersteine. Aus diesem Grund haben wir unsere 10 praktischen Empfehlungen zur Einführung von Value-based Monetization zusammengefasst (vgl. Abbildung 6).

Value-based Monetization ist ein herausfordernder, aber lohnenswerter Change Process für Professional Services

Zusammenfassend zeigt die Einführung von Value-based Monetization einen klaren Paradigmenwechsel in der Professional Services Industrie auf. Anstatt ausschließlich auf Stunden- oder Tagessätze zu setzen, sollten Unternehmen zunehmend den Wert erkennen, den sie für ihre Kunden schaffen, und auf eine Monetarisierung setzen, die diesen Wert widerspiegelt. Durch die Fokussierung auf den wahrgenommenen Nutzen für den Kunden können Dienstleister nicht nur ihre Rentabilität steigern, sondern auch langfristige Kundenbeziehungen aufbauen und sich von Wettbewerbern abheben.

Um erfolgreich eine Value-based Monetization zu implementieren, ist es entscheidend, die Bedürfnisse, Ziele und Schmerzpunkte der Kunden zu verstehen und darauf basierend maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Die Kommunikation des Mehrwerts der angebotenen Dienstleistungen spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, um Kunden von der Werthaltigkeit ihres Investments zu überzeugen. Durch die Identifikation und Priorisierung von Value Creators entlang der einzelnen Value Dimensionen gelingt es Professional Services Anbietern, den Grundstein für die Value-based Monetization zu legen und es sukzessive erfolgreich einzuführen.

Ihr wollt mehr darüber erfahren, ob Value-based Monetization das Richtige für Euer Unternehmen ist und wie Ihr es optimal einführen können? Kommt gerne auf uns zu. Wir unterstützen Euch gerne dabei.

Autorin

Charlotte Pohlmann

Charlotte Pohlmann ist Engagement Manager bei hy und berät Kunden rund um die Themen (digitaler) Vertrieb, Pricing und Go-To-Market. Vor ihrer Zeit bei hy durchlief sie verschiedene Stationen im Berliner Startup-Ökosystem, u.a. als SVP Operations bei Watchmaster, als Manager für Investor Relations und US-Go-to-Market bei Free2Move und Interims Head of Account Management bei Comtravo. Sie absolvierte ihren Bachelor of Science an der Universität Mannheim und im Auslandssemester in Singapur.
Autor

Christoph Röttgen

Christoph Röttgen, Senior Vice President in der Pricing & Sales Business Unit bei hy, ist ein erfahrener Experte zum Thema Pricing. Seine Leidenschaft für dieses Thema begann bereits während seiner Masterarbeit über die Bedeutung von Preismodellen bei der Einführung innovativer Dienstleistungen. Mit über zehn Jahren strategischer und operativer Erfahrung in Pricing & Sales bietet er unseren Kunden wertvolle Unterstützung bei der Monetarisierung digitaler Geschäftsmodelle. Christoph begann seine Karriere bei Simon-Kucher & Partners, leitete das Pricing & Monetization Beratungsteam bei Axel Springer und verantwortete zuletzt den Aufbau des internationalen Pricing & Discount Strategy Teams bei HelloFresh. Christoph hat einen Masterabschluss der Universität Mannheim in Management mit Schwerpunkt Marketing. Während seines Studiums und seiner beruflichen Laufbahn verbrachte er mehrmonatige Aufenthalte in verschiedenen Ländern, darunter Spanien, den USA, Argentinien, Indien und Singapur.
Autor

Dr. Sebastian Voigt

Dr. Sebastian Voigt ist Partner bei hy und verantwortlich für die Pricing and Sales Business Unit. Sebastian studierte Wirtschaftsinformatik und promovierte an der TU Darmstadt zu Monetarisierungsstrategien von digitalen Marktplätzen. Seit über 15 Jahren entwickelt er profitable digitale Geschäftsmodelle. Er arbeitete u.a. als Director bei der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, leitete die Projektteams der Investmentholding von Axel Springer und nahm operative Führungspositionen innerhalb von Bertelsmann und ProSiebenSat1 ein.