Warum Andreessen Horowitz kein VC Fonds mehr sein will
Anfang April veröffentlichte das Forbes Magazine einen ausführlichen Artikel über den bekannten amerikanischen VC Fonds Andreessen Horowitz (siehe Link unten). Der Artikel ist überschrieben mit der Prophezeiung: Andreessen Horowitz Is Blowing Up The Venture Capital Model (Again).
Der Forbes Artikel hat für Wirbel gesorgt; zahlreiche andere, darauf bezugnehmende Meldungen folgten. Das liegt an seiner Kernbotschaft: Andreessen Horowitz will seinen Status als VC Fonds ablegen und sich als sogenannten Registered Investment Advisor (RIA) registrieren. Außerdem ist Andreessen Horowitz kurz davor, einen neuen 2 Mrd. US$ großen Fonds zu closen.
Die Registrierung als RIA ist ein ziemlich aufwendiger Schritt, der eine Überprüfung aller 150 Mitarbeiter bedeutet. In der Zukunft schaut die SEC Andreessen Horowitz bei den Investment-Aktivitäten genauer auf die Finger. Bislang haben amerikanische VC Fonds vermieden, sich als RIA zu registrieren. Das gesetzliche Rahmenwerk lässt das zu, schränkt aber auch ein: Bei amerikanischen VC Fonds müssen 80% der Investments auf frisch emittierte Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen entfallen.
Das komplette Portfolio von Andreessen Horowitz (u.a. In Facebook, Airbnb, Lyft) liest sich wie ein Who-is-who der digitalen Unicorns der letzten Jahre.Warum also wechselt einer der erfolgreichsten VC Fonds jetzt sein Geschäftsmodell?
Diese Frage ist insofern wichtig, als dass es nicht das erste Mal wäre, dass Andreessen Horowitz mit einem neuen Geschäftsmodell die VC-Branche verändert. Vor der jetzigen Ankündigung, sich als RIA zu registrieren, hat Andreessen Horowitz einen anderen Trend angeschoben: Ein Großteil seiner 2%-igen Management Fee wird für ein Team von Marketing, Business Development, Financing und Recruiting Experten ausgegeben, die die Portfolio-Startups operativ unterstützen. Dieser Operational Support war zu Beginn ein Alleinstellungsmerkmal, mittlerweile ist er für viele VCs zu einem wichtigen Wertversprechen geworden, um Zugang zu den besten Deals und Limited Partnern zu bekommen.
Wir haben uns mit der Frage auseinandergesetzt, warum Andreessen Horowitz den VC-Status ablegt, und hierzu drei weitergehende Thesen formuliert aus der Perspektive von Unternehmen, die sich als strategische Investoren im VC-Markt (kurz strategische CVCs) positionieren.
Die überzeugendste Erklärung für Andreessen Horowitz‘ aufwendige Registrierung als RIA hat mit der Größe des neuen Fonds zu tun. Die bestehenden Beschränkungen als VC Fonds machen eine effiziente Allokation des Fonds-Kapitals nur schwerlich möglich: 80% der 2 Mrd. US$ in Primary Shares von Startups zu stecken, würde voraussetzen, dass Andreessen Horowitz sehr viele und gemessen an der Fonds-Größe kleine Tickets schreiben müsste. Als RIA kann Andreessen Horowitz hingegen, ähnlich wie zum Beispiel die Foundry Group oder SoftBank mit dem riesigen Vision Fund, unbegrenzt in Secondary Shares, Kryptowährungen, Token oder auch börsennotierte Aktien investieren. Das schafft neue und vorteilhafte Möglichkeiten zur optimalen Allokation des Fonds-Kapitals (auch wenn dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass große Teile des Fonds in Kryptowährungen landen, was sich manche Kypto-Enthusiasten wünschen).
Wird Andreessen Horowitz mit diesem Schritt zu einem RIA die VC-Landschaft erneut aufmischen? Wir glauben eher nicht; zumindest nicht in dem Sinne, dass der RIA-Status eine zukünftige Bedingung für erfolgreiche VC-Aktivitäten werden wird. Aber der Schritt ist ein starkes Indiz dafür, dass immer mehr neue Modelle im Markt entstehen mit unterschiedlichen Vehikeln, Wertversprechen, Investment-Aktivitäten, auch und besonders was Asset-Klassen betrifft. Es gibt nicht mehr den einen VC (oder auch CVC) Archetypen, entlang derem man einfach eine Blaupause für ein funktionierendes Business Model definieren könnte. Die VC-Landschaft wird komplexer und unübersichtlicher, bietet aber auch mehr Möglichkeiten zur erfolgreichen Differenzierung. In diesem Kontext sind auch die drei folgenden, weitergehenden Thesen zu verstehen.
These #1: Die Entwicklung von VC Fonds hin zu RIAs ist kein Automatismus, aber die Kapital-Allokation in neue Asset-Klassen wird neue Vehikel hervorbringen.
Der Schritt zu einem RIA macht wahrscheinlich erst bei einer gewissen Fonds-Größe Sinn. Bei kleineren Fonds wird die Management Bandwidth auch in der Zukunft ausreichen, um das Fondsvolumen gewinnbringend auf vergleichsweise kleine Tickets für neu emittierte Aktien zu verteilen. Zudem ist die Unterscheidung zwischen den erlaubten Aktivitäten von VC Fonds und RIAs eine amerikanische Diskussion. Der regulatorische Rahmen in Deutschland beziehungsweise Europa sieht anders aus. VC Fonds haben hier andere Voraussetzungen, um ihr Kapital auch in andere Asset-Klassen zu investieren. Was in den USA aufgrund der dortigen Regulatorik passiert, ist für die VC-Landschaft in Europa oder anderswo also nicht direkt anwendbar.
Richtig ist aber, dass es natürlich auch hier Beschränkungen bei Investment-Mandaten gibt, zum Beispiel bei Krypto-Investitionen oder im Hinblick auf Haltefristen. Mittelfristig werden sich daher auch hier VC-Akteure überlegen, ob es für bestimmte Investment-Aktivitäten nicht neue Vehikel braucht, die sich besser eignen. Diese Dynamik wird sich weiter verstärken, wenn der Markt für den Handel von Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen liquider wird, wie das zum Beispiel mit Equity Token der Fall sein kann oder durch neu entstehende Matchmaking-Plattformen für Anbieter und Nachfrager von (Secondary) Shares.
These #2: Der Wettbewerb insbesondere um spätphasige Startup Investments wird größer.
Die Ankündigung, sich als RIA zu registrieren, in Verbindung mit dem Closing des 2 Mrd. US$ Fonds lässt wenig Zweifel daran, dass Andreessen Horowitz stärker bei spätphasigen Venture Investments mitmischen wird. Besonders hier kann es ein großer Vorteil sein, sich auch über Secondary Shares an Ventures zu beteiligen. Die Orientierung in Richtung spätphasiger Investments ist aber kein Trend, den man alleine Andreessen Horowitz stellvertretend für die VC-Landschaft zuschreiben sollte. Auch Private Equity Fonds und Family Offices drängen zunehmend in diesen Investment Space. Damit wird der Wettbewerb um Growth Equity Deals größer, was auch CVCs spüren werden: Denn wo sie vor einigen Jahren vielleicht noch die besten Deal-Konditionen bieten konnten, konkurrieren sie zunehmend mit einer Reihe von anderen Investoren-Typen.
CVCs kann dieser zusätzliche Wettbewerb an einer empfindlichen Stelle treffen. Denn vor allem spätphasige Venture Investments sind spannend, wenn sich strategische Returns schnell realisieren lassen sollen. Axel Springers Investment Strategie war genau darauf ausgelegt – und hat maßgeblich zur erfolgreichen digitalen Transformation des Medienhauses beigetragen. Die Allianz hat für ihr CVC-Vehikel Allianz X vergangenes Jahr einen Strategieschwenk vorgenommen zugunsten von Later Stage Investments. Es wird interessant sein zu sehen, wie CVCs in der Zukunft ihre Position am Markt für spätphasige Investments stärken können.
These #3: Investoren müssen das eigene Wertversprechen klarer definieren und – noch wichtiger – auch erfolgreich operationalisieren.
Der Forbes Artikel über Andreessen Horowitz erzählt auch von einer Episode, in der sich der VC Fonds um ein Investment in ein Biotech Startup bemüht. Biotech stand lange nicht im Investment Fokus und entsprechend bemüht ist Andreessen Horowitz, dem Startup aufzuzeigen, wie viel Biotech-Expertise und -Netzwerke in der jüngeren Vergangenheit aufgebaut wurden.
Diese Frage nach dem Wertversprechen und dessen konkreter Einlösung wird sich nicht nur Andreessen Horowitz in der Zukunft noch konsequenter stellen müssen (beziehungsweise sie gestellt bekommen). Sie gilt gleichbedeutend für alle Investoren. Nur wer in Abhängigkeit des gewählten Vehikels und Investment-Fokus wirklich Mehrwert schafft und dies nicht nur behauptet, wird sich am Markt erfolgreich differenzieren können.
Strategische CVCs müssen hier einen Weg finden, ihr Wertversprechen noch klarer zu definieren und im Anschluss zu operationalisieren. Axel Springer hat das beispielsweise mit dem Aufbau von einer Vielzahl von Portfolio-Services wie einer Pricing-Beratung oder Knowlegde-Sharing-Formaten getan, auf die das gesamte Venture Portfolio zugreifen kann. Ein anderer Weg ist, über business-zentrierte Partnerschaften Mehrwert zu generieren. Das Venture Client Model wie zum Beispiel die Startup Garage von BMW ist dabei nur eine Spielart eines Spektrums von möglichen Partnering-Aktivitäten, die sich zunehmend professionalisieren. Diese können, wenn clever gemanaged, gut mit Investments verzahnt werden und so greifbaren Mehrwert liefern, der außerhalb der Möglichkeiten eines reinen VC Fonds liegt. Gerade strategische CVCs verfügen durch ihre Industrie- und Technologiekompetenz, ihre Vertriebsstärke oder ihre Daten über einen Unfair Advantage, der sie für viele Startups attraktiv macht als Investor. Diese Karte gilt es geschickt auszuspielen.