Die Zukunft der Batterie
… und wie deutsche Automobilhersteller darauf reagieren
Elon Musk kündigte am 12 November 2019 im Rahmen der Verleihung des “Goldenen Lenkrads” in Berlin an, dass Tesla € 4 Mrd. in eine Gigafactory in Berlin Brandenburg investieren würde. Das wäre Tesla’s vierte Gigafactory neben den bereits bestehenden in Nevada, New York und Shanghai. In der E-Auto Fabrik in Brandenburg könnten künftig nicht nur bis zu 150.000 Autos im Jahr produziert werden, sondern auch deren Antrieb, die leistungsstarken Lithium-Ionen Batterien, deren Erfinder 2019 den Nobelpreis für Chemie erhielten. Der Hype rund um die E-Mobilität führte zum Entstehen einer Reihe von Startups, die sich mit Forschung rund um noch kostengünstigere und leistungsstärkere Batterien beschäftigen und dadurch bereits eine große Summe an Geld einsammeln konnten. Doch wie viel Geld fließt wirklich in diese Startups, wer sind die Investoren und wo wird das meiste Geld investiert? Was sind die Technologietrends der Zukunft und wie schafft es ein kleines Schweizer Unternehmen zu behaupten, eine Batterie erzeugen zu können, welche E-Autos mit einer einzigen Ladung bis zu 1.000 km betreiben kann, wobei zum Vergleich ein Tesla mit der besten Ausstattung nur 530 km schafft?
Investoren aus aller Welt haben seit dem Jahr 2000 230 unterschiedliche Batterie- und Energiespeicher-Startups finanziert. Weltweit wurden US$ 6.6 Mrd. in 457 Transaktionen investiert. Der durchschnittliche Transaktionswert in Batterie- und Energiespeicher-Startups belief sich dabei auf US$ 19 Mio., was sich deutlich vom durchschnittlichen VC Investment abhebt (US$ 11 Mio.). Dies spiegelt gleichzeitig den größeren Finanzierungsbedarf von anlagengetriebenen Startups wider. Die zunehmende Bedeutung von Batterie- und Energiespeicherforschung lässt sich nicht nur an dem in diesem Bereich vergebenen Nobelpreis erkennen, sondern auch daran, dass im Zeitraum 2000 bis heute 11 der 20 höchsten Finanzierungsrunden im Jahr 2018 bzw. 2019 durchgeführt wurden.
Vergleicht man die Finanzierungsrunden zwischen den USA und Europa, wird sehr schnell klar, dass man in diesem Bereich den USA noch weit unterlegen ist. In Europa wurden seit dem Jahr 2000 in insgesamt 96 Runden in nur 56 Batterie- und Energiespeicher-Startups US$ 1.3 Mrd investiert – weniger als 30% der in den USA getätigten Investments. Was jedoch überrascht, ist, dass der durchschnittliche Transaktionswert in Europa mit US$ 22 Mio. noch höher ist als der weltweite Durchschnitt.
Vor allem Finanzinvestoren beteiligten sich an Batterie- und Energiespeicher-Startups, um von deren Exits zu profitieren. Rund US$ 1 Mrd. wurden von rein strategischen Investoren getätigt, darunter vor allem von deutsche Autobauer. Volkswagen investierte im Juni 2018 US$ 100 Mio. in QuantumScape und ist gemeinsam mit BMW und anderen Investoren an Northvolt beteiligt. Daimler ist gemeinsam mit anderen Unternehmen in Proterra (Höhe der gesamten Runde: US$ 155 Mio – September 2018), Sila Nanotechnolopgies (Höhe der gesamten Runde: US$ 170 Mio – April 2019) und StoreDot (Höhe der gesamten Runde: US$ 60 Mio – August 2017) investiert. Doch wer sind diese Unternehmen und was macht sie so besonders?
Bevor man tiefer in diese Branche eintaucht, sollte man verstehen, wie eine Lithium-Ionen-Batterie aufgebaut ist. Sie enthält zwei Elektroden, eine Anode (negativ) und eine Kathode (positiv). In der Mitte sitzt ein flüssiger Elektrolyt und fungiert als Kurier, der beim Laden und Entladen Ionen zwischen den Elektroden bewegt.
Sila Nanontechnologies hat eine wesentlich Änderung an diesem Batterieaufbau vorgenommen, indem die üblicherweise verwendete Graphit-Anode durch eine Silizium-Anode ersetzt wurde. Eine Silizium-Anode besitzt eine um vieles höhere Lithium-Ionen-Speicherkapazität, was schlussendlich zu einer höheren Energiedichte bzw. einem größeren Energiespeicher von Batterien führt. Da Silizium-Anoden auch wesentlich kostengünstiger sind, kann mit geringeren Mitteln eine größere Leistung abgerufen werden. Sila ist ein kalifornisches Startup, welches seit August 2018 in 3 Finanzierungsrunden US$ 285 Mio. einsammeln konnte. Durch die letzte Runde erreichte Sila eine Bewertung von über US$ 1 Mrd. und wurde dadurch zum “Unicorn”. Auch Enevate, ein weiteres Startup aus Kalifornien, arbeitet an dieser Technologie und hat seit September 2015 in 6 Finanzierungsrunden US$ 111 Mio. eingesammelt. Die Komplexität dieser Technologie lässt sich vor allem am Zeitunterschied zwischen Gründungsjahr und erster Finanzierungsrunde erkennen. Sila Nanotechnologies und Enevate wurden 2011 bzw. 2005 gegründet. Daraus folgt ein Forschungszeitraum von 7 Jahre bzw. 10 Jahren. Grund dafür ist, dass Silizium aufquillt und jede Ladung zu einer Zerstörung der Batterie führt. Beide Unternehmen haben dieses Problem inzwischen gelöst. Bis diese Batterien jedoch in die Massenfertigung gehen können, wird es, laut einem Sprecher von Daimler, noch eine Dekade dauern.
QuantumScape, ein weiteres “Unicorn” aus Kalifornien und Spin-off der Stanford Universität, erhielt in 5 Runden mehr als US$ 100 Mio. an Finanzierung, unter anderem von der Volkswagen Gruppe. Anders als Sila Nanotechnologies und Enevate forschen diese Startups an sogenannten “Solid-State” Batterien. Hier werden die Graphit-Anode durch eine Lithium-Metall-Anode und der flüssige Elektrolyt und Separator durch ein festes Stück ersetzt. Dies führt zu einen größeren Energiedichte, wodurch längere Reichweiten mit einer Batterie erzielt werden können. Darüber hinaus können diese Batterien schneller geladen werden und bringen nur einen Bruchteil des Gewichts der Lithium-Ionen Batterien auf die Waage. Neben QuantumScape forscht auch Solid Power aus Colorado an dieser Technologie. In 2018 und 2019 hat dieses Unternehmen US$ 20 Mio. eingenommen. Ähnlich wie bei Sila Nanotechnologies und Enevate war auch hier der Zeitraum zwischen Gründung und erste Finanzierung sowohl bei QuantumScape als auch bei Solid Power zwischen 7 und 8 Jahre.
Ein Startup, das weit entfernt von den USA im April 2019 für Aufsehen sorgte, ist Innolith. Dieses in der Schweiz ansässige Unternehmen behauptet, eine Batterie erzeugen zu können, die E-Autos mit einer einzigen Ladung bis zu 1.000 km betreiben kann. Im Vergleich dazu: Ein Tesla mit der besten Ausstattung schafft mit einer einzelnen Ladung nur 530 km. Um dies zu erreichen, haben die Forscher das organische (und leicht entzündliche) Lösungsmittel, welches in flüssigem Elektrolyt enthalten ist, durch eine anorganische Substanz, die stabiler und weniger entzündlich ist, ersetzt. Dies erleichtert das Bauen einer Batterie, welche eine höhere Energietoleranz mit sich bringt, ohne dabei instabil zu werden. Innolith hat noch keine offiziellen Finanzierungsrunden bekannt gegeben, jedoch verkündet, dass die Entwicklung und Vermarktung noch 3-5 Jahre dauern wird. Die ersten Batterien will das Startup aber über eine Pilotproduktion in Deutschland auf den Markt bringen.
Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Unternehmen, die sich auf neue Technologien fokussieren, will das schwedische Startup Northvolt den großen Lithium-Ionen Produzenten, wie Panasonic, LG Chem, Contemporary Amperex Technology (CATL) und Tesla’s Gigafactories den Kampf ansagen. Seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2016 durch zwei ehemalige Tesla Top-Manager hat Northvolt in 5 Finanzierungsrunden rund US$ 1.1 Mrd. eingesammelt. Mit diesem Geld wollen sie 700km entfernt von Stockholm Europa’s größte Lithium-Ionen-Zellen-Fabrik bauen, deren Kapazität, ähnlich wie Tesla’s Gigafactory in Nevada, nach dem Endausbau bei 32 GWh liegen soll. Weitere Fabriken sind in Planung. Darunter ein Standort in Salzgitter in Niedersachsen, den man gemeinsam mit dem deutschen Autohersteller und Northvolt Investor Volkswagen bauen möchte. Northvolt findet sich auch an der Spitze der Liste der Batterie- und Energiespeicher-Startups mit dem größten aggregierten Funding seit dem Jahr 2000 und belegt im Zeitraum von 2000 bis heute den zweiten Platz im Ranking der höchsten Finanzierungsrunden. Im Juni 2019 hat Northvolt unter anderem von der Volkswagen Gruppe und Goldman Sachs US$ 600 Mio. eingenommen.
Dieses Ranking verdeutlicht einmal mehr die Dominanz US-Amerikanischer Unternehmen innerhalb des Fokusbereichs Batterie- und Energiespeichertechnologien. Deutschland belegt immerhin Platz 10 und zwar mit Sonnen, dem Allgäuer Anbieter von Photovoltaik Speichersystemen, der Anfang des Jahres vom Shell Konzern aufgekauft wurde. Man sollte jedoch beachten, dass seit dem Jahr 2000 lediglich 12 deutsche Batterie- und Energiespeicher-Startups offizielle Finanzierungsrunden angekündigt haben. Diese 12 Unternehmen sammelten insgesamt US$ 190 Mio. ein, was nur 3% des gesamten weltweiten Investitionsvolumens beträgt. Wenn man bedenkt, dass US$ 170 Mio. dabei von Sonnen eingenommen wurden, wird noch klarer, dass die deutsche Automobilindustrie in dem Bereich der Batterie und Energiespeicherforschung hinterherhinkt. Das ist ein möglicher Grund, warum deutsche Autobauer hohe strategische Investments in ausländische Startups tätigen. Man will in der Zukunft wettbewerbsfähig bleiben können. Denn blickt man auf die aktuellen Finanzierungsrunden, wird schnell ersichtlich, dass die Akkus der Zukunft in den USA geschaffen werden. Vor allem optimierte Lithium-Ionen und Solid-State Batterien warten auf ihren Durchbruch am Massenmarkt. Darüber hinaus bringt die Ankündigung von Tesla, € 4 Mrd. im Herz der europäischen Automobilindustrie zu investieren, deutsche Hersteller umso mehr unter Zugzwang. Beweis genug dafür ist die 3 Tage später folgende Erklärung von Volkswagen Chef Diess, dass in den nächsten 5 Jahren knapp € 60 Mrd. für Hybridisierung, Elektromobilität und Digitalisierung investiert werden sollen, was einer Steigerung von ungefähr 10% zum Vorjahr entspricht. Ungefähr die Hälfte davon will der Konzern allein für die Elektromobilität ausgeben. Ob das genügt um sich gegen die US-amerikanische Konkurrenz zu beweisen, wird sich in naher Zukunft zeigen.
*Die Analyse basiert auf Daten von Crunchbase.