Tipps für einen erfolgreichen Remote-Design-Sprint

Im Rahmen eines 10-wöchigen Projekts helfen wir einem Kunden bei der Validierung seiner B2B-Plattform Idee. Nach der ersten Projektphase (intensiver Marktrecherche und knapp zwei Dutzend Kundeninterviews) stand letzte Woche ein zweitägiger Design-Sprint an.

Design-Sprints, das sind die „greatest Hits“ von Geschäftsstrategie, Innovation, Behavioural Science, Design-Thinking sowie Lean und agiler Methodik – verpackt in einem kampferprobten Prozess, den jedes Team zur Lösung einer bestimmten Herausforderung nutzen kann. Wir nutzen Design-Sprints daher regelmäßig, um gemeinsam mit unseren Kunden konkrete Ergebnisse, z.B. einen digitalen Prototyp, zu erarbeiten und dabei Irrwege zu vermeiden, die wertvolle Zeit und Ressourcen kosten können.

Bei hy waren wir es auch schon in der Zeit vor Corona gewohnt, virtuell bzw. remote zu arbeiten. Zwei Tage gemeinsam mit 11 Personen virtuell an einer Lösung zu arbeiten, das war aber selbst für uns #Neuland.

Mit dem Ergebnis sind wir mehr als zufrieden und auch unser Kunde ist absolut begeistert. Anlass genug für uns, unsere Erfahrungen zu teilen. Wir haben daher unsere Empfehlungen zu folgenden drei Themen einmal zusammengetragen.

  1. Tipps zur Vorbereitung
  2. Tipps zur Durchführung
  3. Tipps zum Tool-Set

Wir sind gespannt auf Eure Anmerkungen und Ergänzungen.

1. Tipps für die Vorbereitung (Tie your shoes before you sprint!)

1.1 Briefing
Voraussetzung für den Erfolg eines Remote-Sprints ist ein grundlegendes inhaltliches Briefing aller Teilnehmer, damit alle den gleichen Wissensstand haben. Inhaltliche Fragen und Verständnisfragen sollten, soweit möglich, bereits vorab diskutiert und geklärt werden, da sie in einem dezentralen Setup schwieriger zu beantworten sind und zu unnötigen Verzögerungen führen.

1.2 Technische Vorbereitung der Teilnehmer
Zur guten Vorbereitung gehört, dass den Teilnehmern vorab Zugang zu den Tools gewährt wird. Es sollte weiter ein Testlauf durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Verbindung gut ist und der Ton funktioniert. Dies gibt den Teilnehmern außerdem die Möglichkeit, sich kennenzulernen. Ein nicht zu unterschätzender Moment, der die erfolgreiche Kommunikation im weiteren Verlauf enorm vereinfacht.

Wenn Teilnehmer noch nicht mit den vorgesehenenTools gearbeitet haben, empfiehlt es sich zudem, ihnen möglichst am Vortag eine Einführung von ca. 15-30 Minuten zu geben.

1.3 Technische Ausstattung der Teilnehmer
Für die genutzten Tools sollte jeder Teilnehmer unbedingt einen eigenen Account haben und sich auch damit einwählen. Auch dann, wenn er sich mit anderen Teilnehmern im gleichen Raum befindet. Nur so kann eine ausgewogene und gleichberechtigte Interaktion ermöglicht werden.

1.4 Vorbereitungen des Moderators
Ein guter Moderator versteht es, die Gesprächsteilnehmer so einzubinden, dass sie ihre Kompetenzen aktiv in das remote Meeting einbringen können. Zur Erreichung dieses Ziels empfiehlt es sich daher, sich vorab die einzelnen Stärken und die möglichen gruppendynamischen Prozesse der Teilnehmer zu vergegenwärtigen. Eine wichtige Rolle spielt die Organisation der Teilnehmer während des Workshops, insbesondere bei Teams, die teils zusammen in einem Raum und teils alleine zugeschaltet sind. Der Moderator muss es verstehen, alle aktiv in die Diskussion einzubinden. So trivial es auch klingt, damit die Teilnehmer sich in remote Workshops beteiligen, müssen sie direkt mit ihrem Namen angesprochen werden.

2. Tipps für die Durchführung 

2.1 “Together Alone”
Phasen der individuellen Ausarbeitung und Präsentation von Zwischenergebnissen („Together alone“) stellen sicher, dass die Teilnehmer während des gesamten Arbeitsprozesses engagiert bleiben. Ergebnisse, die gemeinsam erarbeitet und erstellt werden, sollten an einem Ort (Präsentation, Board) veröffentlicht werden.

2.2 Pausen
Es ist notwendig, Pausen einzulegen, zumal der Körper zur Aufrechterhaltung der Konzentration in gewissen Zeitabständen Bewegungsmomente braucht. Durch die intensive Arbeit am Computer besteht auch eine erhöhte Gefahr, den Zeitplan aus dem Blick zu verlieren.

Pausengespräche abseits der Arbeitsthemen sind nicht nur entspannend sondern auch wichtig für die spätere Konzentrationsfähigkeit.

Eine angenehme Abwechslung bietet auch Musik. Da es in der Regel nicht möglich ist, gleichzeitig Musik über den Video-Chat zu hören, weil die Audioqualität leidet, ist eine gemeinsame Playlist eine gute Option.

2.3 “Joker-Calls”
Sollte es einmal stocken, kann die punktuelle Einbindung von Experten (“Joker-Calls”), der “Expertenblick von Außen”, an dafür geeigneten Stellen die Kommunikation vorantreiben. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht.

3. Tipps für die Auswahl des Tool-Sets

3.1 Allgemeines
Die Wahl des digitalen Instrumentariums spielt eine große Rolle für den Erfolg des remote Design-Sprints. Es gilt, wie so oft: Weniger ist mehr.

Tools sollten:

  • einfach zu bedienen sein
  • reibungslos funktionieren
  • Struktur bieten
  • ästhetisch ansprechend sein.

Der letzte Punkt wird häufig unterschätzt. Er ist aber durchaus wichtig für eine angenehme Arbeitsatmosphäre.

3.2 Zusammenarbeit auf einem Visual Board
Bei der Durchführung des remote Design-Sprints nutzten wir vor allem das Tool „Miro“ (ehemals Realtimeboard).

Es entsprach in weiten Teilen unseren Bedürfnissen für einen reibungslosen Ablauf des Sprints. Wir setzten Miro insbesondere beim gemeinsamen Brainstorming, dem Teilen von Artefakten und der Echtzeitinteraktion ein. Miro ist einfach zu bedienen und hat ein nutzerfreundliches Design. Das Board in Miro schaffte während des Workshops Struktur und ermöglichte es dem Moderator stressfrei durch den Sprint zu führen. Einzelne Elemente lassen sich fixieren, sodass diese von den Teilnehmern nicht versehentlich verschoben werden können.

Als nutzbringend erwiesen sich auch die Miro-Plugins ”Voting“ und ”Timer“. Das Voting Feature unterstützt die Abstimmung auf erarbeitete Lösungen. Es ermöglicht zudem eine anonyme Stimmabgabe. Dadurch wird die Präferenz des Abstimmenden frei von Gruppendynamiken und Authority Bias widergespiegelt.

Der Timer hat uns enorm dabei geholfen, die einzelnen Sprintphasen in der vorgesehenen Zeit abzuschließen. Ein straffes Timeboxing stellte sicher, dass alle Teilnehmer konzentriert und zielorientiert blieben und sich nicht in den Diskussionen verloren.

Andere Optionen, die man statt Miro in Erwägung ziehen kann, sind Mural, die sich auf die Durchführung von Remote-Design-Sprints spezialisiert haben und Creatlr. Wer eine kostenloses Tool nutzen möchte, kann auf Google Slides und Google Docs zurückgreifen, muss dabei aber große Abstriche bei der Usability machen.

3.3. Synchrone Kommunikation (Video, Audio)
Miros Video-Chat arbeitete in einem Testlauf mit 4 Personen zufriedenstellend. Im eigentlichen Workshop mit 11 Teilnehmern war die Funktion überfordert. Deshalb verlegten wir die synchrone Kommunikation kurzerhand in Google Hangouts. Eine weitere einsatzerprobte Alternative ist Zoom.

3.4. Asynchrone Kommunikation (Chat, Email)
Miro hat auch eine Gruppenchatfunktion. Zusätzlich bieten sich SlackWhatsapp und weitere Tools an, die dann nützlich werden können wenn Teilnehmer sich bilateral abstimmen müssen. Der Nachteil der simultanen Nutzung von Slack und Whatsapp ist allerdings die Gefahr der Ablenkung der Teilnehmer, da man außerhalb des Boards kommuniziert.

3.5 Content Sharing:
Screenshots und andere Bilder können bei Miro direkt auf das Board gepostet werden. Während der Durchführung des Sprints stellten wir fest, dass Miro langsamer wurde. Wir vermuten, dass das wahrscheinlich auf der Vielzahl der angehefteten Bilder beruht. Für größere Dateien, wie z.B. Videos und PDF bieten sich als Alternative Slack, sowie klassische Emails oder Google Drive und Dropbox an.

3.6 Projektorganisation:
Das Board in Miro schaffte während des Workshops Struktur und ermöglichte es unserem Moderator stressfrei durch den Sprint zu führen.

Bei größeren Projekten, die mehrere Streams erfordern, bieten sich Projekt-Management Tools wie TrelloAsana oder auch Jira an.

3.7 Drafting:
Kreative Zeichnungen von Mockups sind online sehr schwer zu reproduzieren. Einige von uns verwendeten Google Slides, um die Wireframes zu skizzieren, andere zeichneten mit Stift und Papier und luden die Ergebnisse dann auf das Board hoch. Das hat recht gut funktioniert. Für eine vollständig digitale Erfahrung könnten web-based Sketching Programme, wie z.B. Sketchbook oder Wireframe-Design-Programme wie figma Abhilfe schaffen.

Fazit:


Remote-Design-Sprints mit vielen Teilnehmern können reibungslos funktionieren und nicht minder gute Ergebnisse liefern als Design-Sprints, die mit der gleichzeitigen persönlichen Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden. Entscheidend hierfür ist die richtige Vorbereitung, Durchführung und der Einsatz weniger adäquater digitaler Tools zur Zusammenarbeit.

Wir können jeden dazu ermutigen, Design-Sprints auch rein online durchzuführen.

Wie eingangs erwähnt, sind Design-Sprints ein wesentlicher Bestandteil der von hy durchgeführten Validierungsprojekte. In Validierungen überprüfen wir (digitale) Geschäftsmöglichkeiten unserer Kunden entlang der Bedürfnisse ihrer Endkunden, des Marktpotentials und der technischen Machbarkeit. Ziel ist es, unseren Kunden eine relativ sichere Prognose zu geben, auf deren Basis sie eine Entscheidung treffen können. Design-Sprints ermöglichen es, in nur wenigen Tagen einen kundenzentrierten Prototyp zu entwickeln, der dann in User-Tests validiert werden kann.