3 Fragen an Lars Neumann

Dr. Lars Neumann ist Systems Product Manager im Bereich Digital Manufacturing mit Schwerpunkt 3D Printing bei HP. Wir haben mit ihm über die Potenziale der additiven Fertigung für Kunden und digitale Geschäftsmodelle sowie über seinen Blick auf die Adaption dieser neuen Fertigungstechnologie in Deutschland gesprochen.

Als Systems Product Manager bei HP entwickeln Sie innovative Produkte. Was ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig beim antizipieren von Markt- und Technologieveränderungen?

Wichtig sind Neugier, Leidenschaft und Experimentierfreudigkeit, gefolgt von Fachwissen in Technologie, Markt und Innovation als Interaktion von Technologie und Markt. Zudem ist der Aufbau eines guten Netzwerks relevant, sowohl um Veränderungen frühzeitig aufzuspüren als ihnen auch in einem wissens- und wettbewerbsgetriebenen Umfeld zusammen mit Partnern zu begegnen.

Was beeinflusst Ihrer Meinung nach die Adaption einer neuen Fertigungstechnologie, wie die der additiven Fertigung, und wie schätzen Sie Deutschland im internationalen Vergleich ein?

Die Adaption einer neuen Technologie wird stark davon beeinflusst, wie schnell ein Unternehmen ein neues Geschäftsmodell und seine technische Umsetzbarkeit konzeptionieren und validieren kann. Ein Schlüsselfaktor ist ein aktives Innovationsmanagement, das in einem geschützten Umfeld funktionsübergreifenden Teams ermöglicht die Technologie zu verstehen und für das jeweilige Unternehmen passende Produktansätze zu entwickeln. 

Die traditionelle Stärke des deutschen Maschinenbaus und der Fertigungsindustrie spiegelt sich auch in der additiven Fertigung wieder, in der die deutsche Industrie eine führende Rolle spielt. Die Erschließung der digitalen Möglichkeiten beginnt jedoch gerade erst.

Inwieweit bedingt eine Technologie, wie die additive Fertigung als Fertigungstechnologie, mögliche digitale Geschäftsmodelle und gibt es bereits erfolgversprechende Beispiele?

Die additive Fertigung ermöglicht die breite Verknüpfung von Daten und physischen Bauteilen. Wir können in Serie, basierend auf persönlichen Daten, personalisierte Produkte in der Medizintechnik oder im Konsumerbereich produzieren; ausgehend von Daten wie z. B. thermischen oder mechanischen Randbedingungen können Simulationsprogramme in (Klein)Serie Bauteile für individuelle Anwendungsfälle, z. B. Wärmetauscher, erstellen. Klassische Geschäftsmodelle alleine können diese Bandbreite der kommerziellen Möglichkeiten nicht abbilden.

Im Konsumerbereich und in der Medizintechnik entstehen erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle beispielsweise für Zahnschienen, Brillen und Einlegesohlen: ausgehend von individuellen Patienten- bzw. Konsumerdaten erstellen Algorithmen automatisiert und in Serie personalisierte Designs, die additiv gefertigt und dem Kunden zugestellt werden. Mittels den digitalen und physischen Möglichkeiten der additiven Fertigung wird die Beziehung zum Kunden redefiniert und neuer Kundenwert geschaffen. Im industriellen Bereich seien außer den Wärmetauschern auch individuelle Halterungen genannt, die, automatisiert nach Randbedingungen des Kunden ausgelegt und gedruckt, vertikale Integrationsmodelle ermöglichen.