Die 3 Dimensionen datenbasierter Geschäftsmodelle für Industrieunternehmen

In den Digitalisierungsstrategien von Industrieunternehmen spielen datenbasierte Geschäftsmodelle, wie Equipment-as-a-Service (EaaS) eine immer größere Rolle. Aber die neuen Modelle und die dahinterliegenden Capex-to-Opex Strukturen bringen weitreichende Fragestellungen für die praktische Umsetzung mit sich. 

Wie im Artikel meiner Kollegen zum Thema Startup-Fabriken schon angerissen wurde, geht es beim Aufbau eines datengetriebenen B2B Geschäftsmodells um weit mehr als das klassische Corporate Venture Building. Durch die notwendige Verzahnung mit der Produktentwicklung des Assets (zum Beispiel komplexe Werkzeugmaschinen) und dem daraus entstehenden “pay per X” Produktangebot ist zwingend die datengetriebene Produktentwicklung basierend auf dem quantitativen und analytischen Kundenfeedback notwendig. 

Die Implikationen für Unternehmen, die ein Capex-to-Opex Modell anstreben sind vielfältig und benötigen ein gutes Alignment mit und innerhalb der Muttergesellschaft, insbesondere in den folgenden drei Dimensionen: 

  1. Datengetriebene und iterative Produktentwicklung
  2. Digitale Sales Operations
  3. Agiles Operative Setup

Diese drei Grunddimensionen spiegeln notwendige Kompetenzen wieder, die derzeit bei vielen Unternehmen noch nicht vorhanden sind. Der Aufbau der entsprechenden Kompetenzen in-house – wenn notwendig mit der Hilfe externer Partner*innen – ist existentiell für den Erfolg. Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist  der  Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf, da sie ihre Kompetenzen bezüglich der Produkt- und Prozessparamtern, Maschinendatensätze, Verständnisse von Markt, etc. angereichert haben mit der Kompetenz von externen Partner*innen gerade wenn es um die Risikoabsicherung geht. 

Dimension 1: Datengetriebene und iterative Produktentwicklung

Die datengetriebene Produktentwicklung erfordert zum einen ein tiefes Verständnis der Prozesstechnologie und der Maschinenentwicklung, aber benötigt zum anderen auch ein tiefes Verständnis der Kund*innenbedürfnisse. Insofern ist es nicht nur notwendig, sondern geradezu eine Bedingung,  datenbasierte Auswertungen der Kund*innenbedürfnisse in die Produkt-und/oder Prozessentwicklung einfließen zu lassen. Im Umkehrschluss bedarf es eines ganzheitlichen Digitalisierungsprozesses, um die „digitalen“ Erkenntnisse aus Marketing und CRM (im Speziellen den Kund*innendaten) aktiv in eine „value-based Produktentwicklung einfließen zu lassen. Nur zur Erinnerung: Die Zufriedenheit des Kund*innen, wird weniger an den Leistungsparametern der Maschine oder Anlage gemessen, sondern am direkten Outcome und Serviceangebot für die Kund*innen. Unternehmen, die sich für ein EaaS Modell interessieren, müssen sich Gedanken machen, wie und mit welchem Produktangebot man tiefer in die Wertschöpfungskette eingreifen möchte und kann. 

Die daraus resultierende Notwendigkeit einer iterativen und datengetriebene Produktentwicklung mit unterschiedlichen Monetarisierungsstufen spielt daher eine wichtige Rolle und ist oftmals etwas befremdlich für Unternehmen, deren Fokus eigentlich die Hardwareentwicklung ist und weniger die kundenfokussierte Software Entwicklung. Value Based Produkte müssen jedoch viel näher am Kunden entwickelt werden und erfordern einen kontinuierlichen iterativen Prozess, bei dem die Bedürfnisse und mögliche neue Spezifikationen in Produkt Features übersetzt werden und direkt mit Kund*innen getestet werden können.

Hierfür bedarf es einen integrativen „Venture“- oder „Business Building“ Ansatz und die Einbindung der relevanten Unternehmensbereiche in den Prozess. 

Dimension 2: Digitale Kundenakquirierungskanäle und digitale Sales Operations

Durch das value-centric Geschäftsmodell müssen maßgeschneiderte Kund*innenakquirierungsstrategien vorangetrieben werden, bei denen die Kommunikation schneller und auf verschiedenen digitalen Kanälen stattfinden muss. Dafür braucht es  eine saubere Segmentierung der Kundendaten und/oder firmographische Auswertungen, um die Kund*innen direkt und maßgeschneidert zu adressieren. Grundlage dafür ist ein tiefgehendes Verständnis der entsprechenden Kund*innenprobleme. Diese sind oftmals nämlich nicht in erster Linie nur technologische Herausforderung, sondern können auch andere Treiber, wie Services, Lieferzeiten, Preisvarianten, etc. sein, die für die Kund*innen eine besser Leadgenerierung und Conversion bedeuten könnte. 

Bei der Entwicklung eines EaaS Geschäftsmodells bietet sich auch für die Umsetzung von Digitalen Sales Operations ein Venture-ähnlicher Approach an, denn die Sales Strategie muss komplett neu gedacht werden und ebenso die Vergütungsmodell (Incentivierungen) der Sales Mitarbeiter*innen. 

Dimension 3: Das operative Setup

 Oftmals werden die Assets (zum Beispiel Maschinenanlagen) und demzufolge die kapitalintensiven Anschaffungskosten in  sogenannte SPVs (Special Purpose Vehicle) überführt. Gebühren für Rückversicherungsleistungen, Wartungsservices und Verbrauchsmaterialien werden demzufolge an die jeweiligen Partner*innen nach Erhalt der entsprechenden und vertraglich festgelegten Leistungen bezahlt. Der Vorteil in diesem Konstrukt besteht darin, dass der Maschinenhersteller den Kontakt zu den Kund*innen nicht verliert und die vorhanden Daten nutzen kann um weitere Produkt-Features und Services anzubieten.

Das SPV dient hauptsächlich als Finanzvehikel und benötigt demzufolge auch hier unterschiedliche Kompetenzen um die bisweilen komplexen Kapitalströme effizient zu managen. 

Der Aufbau eines EaaS Geschäftsmodells deckt also mindesten 3 wichtige Dimensionen eines typischen Venture Building Ansatzes ab aber vor allem erfordert er eine intensive Zusammenarbeit mit den schon bestehenden Unternehmensbereichen. Daraus folgt: ein komplett losgelöster Aufbau, im Extremfall zusammen mit externen Venture Buildern, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein sehr schwieriges Unterfangen. Es lässt sich daraus initial ableiten dass ein solches Projekt eher als integrativer Bestandteil der digitalen Unternehmensstrategie verstanden werden muss.

 Die notwendigen Faktoren für ein erfolgreiches Capex-to-Opex Geschäftsmodell haben wir übrigens nicht nur in der 69. Folge unseres hy Podcast mit Josef Brunner diskutiert, sondern auch ganz praktisch umgesetzt beim Werkzeugmaschinenspezialisten Trumpf. Im hy Podcast Folge 121  spricht Christoph Keese mit t Trumpf CEO Thomas Schneider über das Projekt.