Collaboration is King – Wie etablierte Unternehmen im Web3 & Metaverse Geschäfte machen

Ein Beitrag von Carla Nieswandt, Maximilian Alsleben und Henning Daut

Die vergangenen zwei Jahre gehen als die bisher ereignisreichsten für Web3, Metaverse, Crypto und Blockchain in die Geschichte ein. Die Geschwindigkeit, in der Innovation in den letzten 24 Monaten vorangeschritten ist, übertrifft sämtliche Erwartungen. Ganz abseits der Märkte, die neue Höhen und zuletzt ernüchternde Tiefs durchliefen, bleibt eines bestehen – Web3 und die damit verbundene Disruption bestehender und Entstehung neuer Geschäftsmodelle ist unaufhaltsam.

Die jüngsten Ereignisse rund um die Börse “FTX” haben einen der größten Betrugsfälle der Finanzwelt ans Licht gebracht und Web3 aus den falschen Gründen ins Rampenlicht gestellt. Davon sollte sich niemand blenden lassen. Denn auch wenn im Fall von FTX Kriminelle eine neue Technologie missbraucht haben, sind die Blockchain und ihre Anwendungsfälle rund um Web3 und “Metaverse” hier um zu bleiben und bieten eine Fülle an Chancen für Unternehmen.

Web3 ist die nächste Evolutionsstufe des Internets, basiert auf Blockchain-Technologie und wird durch “Tokens” (wie z.B.: Ethereum/Ether) und über automatisierte “Smart Contracts” orchestriert. Dadurch entstehen nie dagewesene Möglichkeiten rund um die Stichworte Eigentum, Dezentralisierung, Fälschungssicherheit, Transparenz, Tokenisierung und Automatisierung.

Im Folgenden stellen wir einige Beispiele von traditionellen Unternehmen vor und geben einen ersten Einblick wie diese sich die Kapazitäten von Web3 zunutze machen, neue Produkte und Geschäftsmodelle schaffen oder bestehende disruptieren.

Nike x RTFKT 

Industrie: Fashion
Zielsetzung: Communitybildung, Definition von Standards, First Mover, Markenidentität, Neue Vertriebswege
Technologie: Ethereum, Polygon
Umsatz Einschätzung: $185 Mio. (Stand August 2022)
Reichweite: 10.000+ NFT Besitzer | 385.000+ Twitter Follower (@RTFKT)

Das wohl aufmerksamkeitserregendste Legacy-Unternehmen im Web3 Ökosystem ist Nike. Mit seinem Web3-nativen Tochterunternehmen RTFKT (gesprochen: Artifact) stellt Nike nicht nur den Modemarkt auf den Kopf und generiert dabei mit $185m in 2022 sogar beträchtlichen Umsatz, sondern setzt Standards für die Digital Collectibles/NFT – und Metaverse Industrie. RTFKT pioniert sogenannte Utility (zu Deutsch: Nutzen), wie z.B.: Token-gated Produktveröffentlichungen, NFT-Verkaufserlebnisse, Copyright-Strukturen und Metaverse-Integrationen. Dabei ist RTFKT x Nikes phygitale (eine Kombination aus physisch und digital) Produktstrategie wohl das Paradebeispiel für erfolgreiche Kollaboration, um etwas gänzlich Neues zu schaffen. Das hiervon jüngste Beispiel ist die Kollaboration mit Rimowa. Hier konnten Rimowa Koffer mit besonderem RTFKT Design als Digital Collectible erworben werden, welche zukünftig dazu verwendet werden können, den physischen Koffer zu erhalten. Dass aus diesen Partnerschaften alle Parteien profitieren sieht man daran, dass Nike jüngst .Swoosh veröffentlicht hat, eine RTFKT-unabhängige Plattform für den Release von Nike gebrandeten Sammlerstücken in NFT-Form. 

So What: Gemeinsam mit RTFKT ist Nike mit Abstand das erfolgreichste traditionelle Unternehmen im Web3-Space. Nike schaut nicht nur zu, oder folgt dem Beispiel anderer, mutiger Unternehmen, sondern setzt die Standards von Web3 Exzellenz auf allen Ebenen rund um das Kerngeschäft Fashion.

Ströer Precision X 

Industrie: Beratung, Werbung
Zielsetzung: Erschließung einer neuen OOH-Umgebung, First Mover
Technologie: Ethereum, Polygon, Polkadot
Umsatz Orientierung: $5,29 Mrd. (Globaler in-Game Werbemarkt 2020)
Reichweite:

Ströer ist ein mittelständisches, deutsches Medienhaus, welches sich besonders auf Außenwerbung fokussiert. Diesen Kern kombiniert es mit digitalen Medien und Dialogmarketing sowie weiteren Angeboten der Segmente E-Commerce und Data-as-a-Service. Ströer Precision X, der digitale Arm Ströers, nimmt nun neben gängigen Digital-Marketing Strategien auch Metaverse In-World-Advertising (IWA) Services in ihr Angebot auf. Hierbei handelt es sich um ein Full-Service Angebot, vom Anlegen einer Wallet bis hin zur Umsetzung einer Kampagne. Precision X hilft bei der Auswahl geeigneter Entwickler und virtueller Stellflächen, richtet Events aus und erzeugt bei Bedarf auch Digital Collectibles (NFTs). Dieser Service bezieht sich dabei nicht nur auf ein bestimmtes Metaverse, sondern viele etablierte, Blockchain-basierte Metaversen, wie Decentraland, The Sandbox, Solice, oder Polkacity. Wie groß der Metaverse-Werbemarkt tatsächlich ist, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar. Der Globale in-Game Werbemarkt allein erreichte allerdings bereits 2020 eine Größe von ca. $5,29 Mrd und umfasst dabei noch nicht das gesamte Volumen des Metaverses.    

So What: Auch deutsche Mittelständler werden aktiv. Ströer erkennt das Potential des Metaverses früh und reagiert sofort mit dem Entwickeln eines Geschäftsmodells für die neu gewonnene Umgebung. So können sie sich als First Mover etablieren und profitieren davon, dass ihre Bestandskunden ihnen bereits vertrauen.

TIME’s TIMEpieces 

Industrie: Kunst, Medien
Zielsetzung: Communitybildung, Experimentieren, Kundenbindung, Markenidentität
Technologie: Ethereum
Umsatz Einschätzung: ca. $3,6 Mio. (nach aktuellem ETH Wert)
Reichweite: 3.000+ NFT Besitzer | 34.700+ Twitter Followers (@TIMEPieces)

Mit TIMEpieces hat TIME im November 2021 seinen ersten Schritt in Web3 gemacht. TIME verfolgt mit diesem klassischen NFT-Projekt das Ziel, eine Gemeinschaft von Künstlern, Sammlern und Fans von TIME zu erzeugen, die langfristig mit Utility bespielt werden kann. Die erste Kollektion umfasst Werke von 40 internationalen, multidisziplinären Künstlern. Seitdem hat sich TIME fest mit drei weiteren Kollektionen in der NFT-Szene etabliert: Long Neckie Women of the Year, das erste Projekt von der 13-jährigen Künstlerin-in-Residence, Nyla Hayes, Slices of TIME von TIME Creative Director DW Pine in Kollaboration mit 38 weiteren Künstlern und die Beatclub Kollektion von TIME’s zweiten Künstler-in-Residence, Timbaland. Gemeinsam mit The Sandbox (Ein Metaverse auf der Ethereum Blockchain) hat TIME zudem einen digitalen Hub für die Besitzer ihrer NFTs im Metaverse angekündigt. Hier sollen virtuelle Events und Diskussionen stattfinden. 

So What: TIME zählt mit der im November 2021 gelaunchten Kollektion zu den Early-Adoptern der NFT-Technologie. Künstlern wird eine Plattform geboten, auf der mit multimedialen Inhalten experimentiert wird. TIME’s Fokus liegt mit ihren Projekten zudem auf dem Community Building – sie geben Besitzern ihrer NFTs exklusive Vorteile und Zugänge zu Inhalten und konvertieren diese zu neuen Abonennten.

Starbucks Odyssey 

Industrie: Einzelhandel, Gastronomie
Zielsetzung: Communitybildung, Kundenbindung, Markenidentität, Neue Vertriebswege
Technologie:  Ethereum, Polygon
Umsatz Einschätzung: $15,4 Mrd. (53% des Gesamtumsatzes FY 2021)
Reichweite: 60 Mio. aktive Teilnehmer am Loyalty-Programm (2022)

Starbucks beschreibt sich selbst als den “third place” (zu Deutsch: dritter Ort) zwischen Home und Office. Doch mit dem Aufkommen des Homeoffices befindet sich der Kaffeegigant in realer Disruptionsgefahr. Um dem zunehmenden Trend für sich zu nutzen, bringt Starbucks den Coffeeshop digital ins Homeoffice und bleibt damit dem Konzept des “third place” treu. Das sogenannte Starbucks Odyssey setzt auf Starbucks’ bestehendem Loyalty-Programm auf und nutzt Web3 Technologien von Polygon, um seinen Rewards-Membern das Sammeln von sogenannten Odyssey-Punkten und Kaufen von digitalen Stempeln (NFTs) zu ermöglichen. Diese sollen weitere experimentelle digitale und physische Vorteile freischalten. Starbucks’ Vision ist es, einen Ort zu schaffen, an dem die digitale Gemeinschaft bei einem Kaffee zusammenkommen kann, um immersive Erlebnisse zu teilen. Starbucks Odyssee befindet sich derzeit in der Beta-Phase und wird von einer ausgewählten Gruppe von US-Rewards-Membern getestet.

So What: Mit ca. $15,4 Mrd Umsatz und ca. 60 Mio. aktiven Teilnehmern weltweit, ist Starbucks bestehendes Loyalty-Programm eines der erfolgreichsten der Welt. Sobald Starbucks diesem Programm NFT- und Crypto- Funktionalitäten hinzufügt, werden nach und nach bestehende Kunden in das Web3 integriert. So schafft Starbucks nahtlos das wohl größte Web3-Rewards-Programm der Welt.

Disruptor of the Month – Senken

Industrie: Carbon-Credits, Finance, Nachhaltigkeit
Zielsetzung: Accountability, Barrierefreiheit, Transparenz, Gemeinnützigkeit
Technologie:  Ethereum, Polygon

Disruptierende Geschäftsmodelle werden im Web3 nicht nur von großen Playern getrieben: Die Web3-native Handelsplattform für transparente und überprüfbare Emissionszertifikate, senken, wurde von den Gründern Adrian Wons, René Schäfer (ex-hy Team) und Djamel Mekibes ins Leben gerufen. Über 20 Millionen tokenisierte Emissionszertifikate von verifizierten Klimaprojekten werden hierdurch vergleichbar, käuflich, handelbar und, zur Kompensation von CO2-Fußabdrücken, auch verwendbar. Durch die Dezentralität der Blockchain-Infrastruktur wird Transparenz und Glaubwürdigkeit sichergestellt. Alle entlang der Zertifikatswertschöpfungskette anfallenden Informationen werden hier unveränderlich gespeichert und so eines der größten Probleme im aktuellen Emissionshandel gelöst.

So What: Der Handel von Emissionszertifikaten ist nicht immer transparent. Wenn Zertifikate mehrfach ausgestellt oder doppelt gehandelt werden, ist der Umwelt nicht geholfen. Senken tokenisiert diese Zertifikate und speichert so alle Informationen unveränderlich auf der Blockchain. Betrug wird unmöglich, Zertifikate sind jederzeit, an jedem Ort, transparent nachverfolgbar und fälschungssicher.

Die genannten Unternehmen haben Wege entdeckt, für ihre Kunden neuen Wert zu schaffen, sich selbst zu disruptieren, den immer wichtiger werdenden digitalisierten, virtuellen Raum zu bedienen oder sogar die Welt ein bisschen besser zu machen. 

Dabei ist es essentiell, dass Unternehmen ein klares Ziel, ein Angebot und einen Fahrplan haben, um das Beste aus dieser neuen Technologie herauszuholen und sich “vor der Welle” der Disruption zu bewegen. Stellen Sie sicher, dass KollegInnen und Entscheidende über die relevanten Kenntnisse verfügen, um Opportunitäten und Risiken zu erkennen.

Wir unterstützen hierbei gerne rund um die Themen C-Level Education, Strategic Agenda Setting, Opportunity Checks sowie Umsetzung und freuen uns auf den Austausch.

220427 - team portrait - carla
Autorin

Carla Nieswandt

Carla Nieswandt ist Werkstudentin in der Business Unit „Web3 and Metaverse“ und berät unsere Kunden bei der Implementierung von Innovationsprozessen und neuen Geschäftsmodellen. Carla hat an der Technischen Universität München Technology & Management mit Schwerpunkt Informatik studiert und verbrachte ein Auslandssemester an der Universitat Autonoma in Barcelona mit Fokus auf Economics. Nach ersten Erfahrungen in Startups          und Digitalagenturen, unterstützte sie den Bereich Digital Finance Transformation bei KPMG und beriet hier unter anderem Dax Unternehmen bei der Digitalisierung.
maximilian asleben team portrait
Autor

Maximilian Alsleben

Maximilian Alsleben ist Consultant bei hy und unterstützt unsere Kunden bei strategischen Opportunitäten im Bereich „Web3 and Metaverse“. Neben seiner Tätigkeit bei hy investiert er als Business Angel mit 140 West Capital in innovative, disruptive Geschäftsmodelle. Zudem ist er NFT-Enthusiast und involviert sich tief in die Web3-Community. Vor seiner Zeit bei hy betreute er den digitalen Auftritt eines Leadership-Coaching-Startups, sowie den Re-Launch des Produktangebotes eines E-Commerce-Startups. Max hält einen Bachelor in Digital Media von der Leuphana Universität Lüneburg, sowie einen Bachelor in Creative Media von der City University of Hong Kong. 
Autor

Henning Daut

Als Senior Vice President bei hy, berät Henning Daut unsere Kunden bei der erfolgreichen Entwicklung und Umsetzung von Geschäftsmodellen mit Fokus auf „Web3 and Metaverse“. Henning hat 2013 seinen ersten Bitcoin gemined und ist seit jeher begeistert von blockchainbasierten Anwendungsfällen. Bevor er zu hy kam, war Henning Geschäftsführer von Futury und baute Deutschlands führendes Ökosystem für nachhaltige Innovations- und Ventureprojekte auf. Ebenso war er am Aufbau des Futury Venture Fonds beteiligt und zuvor verantwortlich für den Corporate Venture Capital Fonds des Rhön-Klinikums, der in Israel in Medizintechnik investiert. Bei C3 Creative Code and Content leitete er das Team für digitale Produkt- und Geschäftsentwicklung und sammelte darüber hinaus umfangreiche Erfahrungen als Startup-Gründer, Angel Investor und Venture Architect bei der Axel Springer SE.