Die Fusion von Digitalen Identitäten und Web3: Warum es einen Neustart benötigt
Mit über 5,4 Milliarden Internetnutzern weltweit wird der Schutz digitaler Identitäten immer wichtiger. Laut dem Consumer Sentinel Network der Federal Trade Commission — eine umfangreiche Datenbank, die Verbraucherbeschwerden und Betrugsfälle in den USA aufzeichnet — betrafen 19 % von über 5 Millionen Verbraucherbeschwerden im Jahr 2023 Identitätsdiebstahl, ein klarer Weckruf für bessere Sicherheitsmaßnahmen.
Zentralisierte Identitätsverwaltungssysteme, die leicht angreifbar sind und Nutzern die Kontrolle über ihre Daten entziehen, weichen zunehmend dezentralisierten, benutzerzentrierten Systemen. Diese bieten nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch die Kontrolle der Nutzer über ihre eigenen Informationen.
Sicherheitslücken im digitalen Zeitalter: Das Dilemma zentralisierter Daten
Die Sicherung persönlicher Informationen ist eines der wichtigsten Anliegen unseres digitalen Zeitalters, doch die herkömmliche Art, wie unsere digitalen Identitäten verwaltet werden, ist einer Vielzahl von Cyberbedrohungen ausgesetzt.
Typischerweise werden persönliche Informationen von Individuen innerhalb eines Netzes von zentralisierten Datenbanken aufbewahrt. Dieses Modell wird dominiert von den zentralisierten Plattformen großer Tech-Unternehmen, was Nutzerdaten anfällig für Hacks und unbefugten Zugriff macht. Hier kommt die Notwendigkeit eines dezentralisierten Ansatzes ins Spiel.
Digitale Identitätsstandards auf dem Vormarsch
Die Einführung von Decentralized Identifiers (DIDs, dezentralisierte Identifikatoren) bringt einen signifikanten Wandel hin zu nutzerzentrierten digitalen Identitäten. Diese versprechen, die zentralen Schwachstellen bestehender Identitätsverwaltungssysteme zu beheben.
- DIDs ermöglichen es Nutzern (aber auch Firmen und Maschinen), ihre Identität online zu verifizieren, ohne von zentralen Behörden wie Regierungen oder großen Unternehmen abhängig zu sein, und bieten ihnen vollständige Kontrolle über ihre Daten.
- Nutzer können ihre Identität auf verschiedenen Diensten und Plattformen verwenden, ohne wiederholt persönliche Informationen preisgeben zu müssen. Nur explizit freigegebene Daten können von Plattformen genutzt werden.
- Einzigartige, kryptografisch gesicherte Identifikatoren bilden die Basis von DIDs. Diese sind auf einer Blockchain gespeichert und mit einem Dokument verbunden, das alle notwendigen Schlüssel und Protokolle für sichere Interaktionen enthält.
Die Unterstützung des DID Standards durch Organisationen wie das World Wide Web Consortium (W3C) signalisiert einen bedeutenden Fortschritt in der Standardisierung digitaler Identitäten. Das Resultat? Ein besseres Online-Erlebnis, mehr Datenschutz und weniger Identitätsdiebstahl, -betrug und -missbrauch. Dieser Fortschritt verdeutlicht das globale Momentum hinter dem kollektiven Bestreben, die Absicherung digitaler Identitäten neu zu denken.
Web3 Technologie löst diese Herausforderungen
Blockchain Technologie bietet dank ihrer Unveränderlichkeit, Transparenz und Dezentralisierung eine solide Grundlage für sichere digitale Identitäten.
DIDs und Systems for Self-Sovereign Identity (SSI, Systeme für Selbstbestimmte Identität) stehen im Zentrum dieser Transformation. Während DIDs eine bisher unerreichte Plattforminteroperabilität ermöglichen, erlauben SSIs es einzelnen Nutzern, ihre Identitätsnachweise in sicheren digitalen Wallets zu speichern. Diese Wallets ermächtigen die Nutzer zur selektiven Offenlegung (d.h. sie teilen Informationen auf der Basis von Zustimmungsprotokollen, die sie kontrollieren, nur nach Bedarf).
Die Entwicklung hin zu DIDs und SSIs eröffnet auch neue Wege für digitale Interaktionen und Transaktionen. Verbesserte Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen ermöglichen es den Nutzern, mit größerem Vertrauen an Online-Aktivitäten teilzunehmen, von der Nutzung von Diensten bis hin zur Ausführung von Verträgen.
Nutzung und Anwendungsfälle von DIDs
Während des diesjährigen hy Web3 Summits erläuterte Ingo Rübe einige Anwendungsfälle und Möglichkeiten von Decentralized Identifiers. Ingo Rübe ist der Gründer von KILT Protocol, einer Blockchain-Plattform, die es Nutzern ermöglicht, ihre digitalen Identitäten eigenständig zu beanspruchen, zu verifizieren und zu verwalten.
Spoiler: Die Lösung findet bereits bei einer Vielzahl an Konzernen Anwendung und disruptiert alte Abläufe und Prozessketten.
Die Anwendung von DIDs ist längst nicht mehr nur theoretisch — es gibt bereits erfolgreiche Praxisbeispiele. Wir picken hier einmal KILT x Hapag-Lloyd x Deloitte x Vodafone heraus: Der internationale Schifffahrtsexperte Hapag-Lloyd und der Telekommunikationsriese Vodafone setzen seit 2023 auf die öffentliche Blockchain-Lösung von Deloitte zur Identifizierung und Verfolgung von Schiffscontainern. Die Initiative kombiniert die KYX-Plattform von Deloitte (welche die Prinzipien „Know Your Customer“ (KYC) und „Know Your Cargo” integriert) und ein Internet-of-Things-Gerät, das an Containern angebracht wird. Jeder Container erhält so eine eigene digitale Identität und Sensoren messen Kennzahlen wie Gewicht, Temperatur und Standort. So kann neben Effizienzsteigerung und Transparenz v.a. auch Diebstahl, dem Drogenhandel über Grenzen und der Transport illegaler Objekte Einhalt geboten werden.
Der Unterschied zu früheren Großprojekten in der Logistik (wie z.B. Maersk x IBM) ist, dass der Use Case sehr spitz definiert ist. Die Teilnehmer und Prozesskette sind klar abgegrenzt und die Technologie sorgt somit in kürzester Zeit für mehr Sicherheit und Effizienzgewinne in der Containerlogistik.
Fazit: Die Zukunft ist jetzt
Der Übergang zu dezentralisierten, nutzerzentrierten Lösungen markiert den Beginn einer neuen Ära, in der Individuen die Kontrolle über ihre digitalen Identitäten zurückgewinnen und nach und nach auch Maschinen und Objekte eigene „Identitäten“ erhalten. In dieser Ära sind digitale Ökosysteme sicherer, transparenter, automatisierte und inklusiver – Privatsphäre, Sicherheit und Autonomie stehen hierbei im Mittelpunkt.
*Wir bedanken uns bei Angelina Berger für ihre Beiträge zu diesem Artikel.