Baubranche neu gedacht: Innovative Lösungen im Einsatz

Die Bauindustrie – Schlusslicht der Digitalisierung? Während andere Branchen längst in die digitale Zukunft gestartet sind, wird hier noch viel per Hand gearbeitet. Die Folge: Eine dünne Datenlage, die Innovationen erschwert, und ein zunehmender Fachkräftemangel, der den Druck auf die Unternehmen erhöht. Doch wo es Rückstand gibt, da liegt auch ein enormes Potenzial, um mit cleveren Ideen und modernen Lösungen den Sprung nach vorne zu schaffen.

In einem kürzlich abgeschlossenen Projekt mit einem führenden Unternehmen aus der Baubranche konnten wir zeigen, wie Innovationen nicht nur gezielt identifiziert, sondern für die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens mit messbarem Erfolg eingesetzt werden können.

Analyse des Status Quos

Unser Kunde stand vor der Herausforderung, die Effizienz der Baustellenprozesse um einen zweistelligen Prozentsatz zu steigern, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität einzugehen. Bereits in den ersten Wochen wurde deutlich, dass vor allem das Lager- und Bestandsmanagement, die fehlende Automatisierung sowie die unzureichende Digitalisierung und Virtualisierung der Baustelle zentrale Bedarfsfelder darstellten.

The hy way: Hypothesen bilden, Daten sammeln, ausprobieren, umsetzen & messen

Gerne geben wir in diesem Artikel geben einen „Blick in den Maschinenraum“ von hy und zeigen, wie wir durch unser präzises Verständnis der individuellen Bedürfnisse unserer Kunden passgenaue Lösungen entwickeln und umsetzen. Dabei sind wir in drei Schritten vorgegangen:

Schritt 1: Bedarfe analysieren & strukturieren:

Als Berater:in besteht unsere Hauptaufgabe darin, eine objektive Einschätzung der Ausgangslage zu gewinnen. Dazu haben wir eine umfassende Datenerhebung durchgeführt, die sowohl zahlreiche Interviews als auch Baustellenbegehungen vor Ort umfasste. Durch die anschließende Analyse der gewonnenen Datenpunkte konnten wir ein tiefgehendes Verständnis für die Abläufe entwickeln. Innerhalb von 2 Wochen haben wir die gesamte Wertschöpfungskette eines Bauprojekts von A-Z in seine Einzelteile zerlegt, die dahinter liegenden Prozesse und Schnittstellen identifiziert und deren Dauer gemessen, sowie eingesetzte Technologien analysiert.

Aus den gesammelten Daten konnten wir für unseren Kunden wertvolle Erkenntnisse und konkrete Handlungsfelder ableiten:

  1. Detaillierte Erfassung der Dauer einzelner Schritte in komplexen Prozessabläufen
  2. Analyse der konkreten Stellen, an denen es zu Effizienzeinbußen kommt, inklusive Ursache
  3. Zusammenfassung der identifizierten Engpässe zu Top-Bedarfen, für die gezielt Lösungen am Markt gefunden werden können
Schritt 2: Märkte dekodieren, Lösungen finden & bewerten:

Ausgehend von den ermittelten Potenzialtreibern haben wir das erweiterte Innovationsumfeld der Baubranche anhand von technologiegetriebenen Startups und deren Finanzierung dekodiert. Was bedeutet das konkret? Immer wenn ein Unternehmen gegründet oder finanziert wird, setzt jemand auf die Zukunft. Deshalb nutzen wir bei hy Startups und Venture Capital als Proxy, um Märkte zu dekodieren. Diesen datengetriebenen Ansatz verwenden wir als Teil einer erweiterten Herangehensweise, um neue Geschäftsopportunitäten für unsere Kunden zu identifizieren.

Bei dem Blick auf das erweiterte Innovationsumfeld der Baubranche haben wir eine Vielzahl von Technologien identifiziert, die die Zukunft der Baubranche bestimmen.

Obwohl der Kapitalmarkt für Construction Tech in den letzten 5 Jahren eine enorme Entwicklung durchgemacht hat, steckt er in Relation zu anderen Branchen noch in den Kinderschuhen.

Besonders in den Bereichen Robotik und Smartes Gebäudemanagement fließt zunehmend Kapital, da diese Technologien die drängenden Probleme von Fachkräftemangel und Energieeffizienz angehen. Ein Vorreiter aus Deutschland ist Kewazo, ein 2016 in München gegründetes Robotik-Startup. Mit seinem intelligenten Roboteraufzug zur Unterstützung der Baulogistik hat das Unternehmen bereits rund 20 Millionen USD an Investitionen eingesammelt.

Künstliche Intelligenz und Machine Learning gelten als Schlüsseltechnologien für zahlreiche Innovationsbereiche. Allerdings fehlt es der Baubranche aufgrund ihres geringen Digitalisierungsgrads noch an den nötigen Daten, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Auch das modulare Bauen wird als Zukunftstrend immer relevanter. Ein spannendes Beispiel ist das Berliner Startup ecoworks, das mit 60 Millionen USD finanziert ist. Das Unternehmen bietet serielle Sanierungen durch vorgefertigte thermische Gebäudehüllenmodule an, was Bauzeiten verkürzt und die Energieeffizienz von Bestandsgebäuden deutlich verbessert.

Scouting & Screening Prozess

Nachdem wir die relevantesten Technologien identifiziert hatten, ging es im zweiten Schritt darum, konkrete Lösungsanbieter für die identifizierten Anwendungsfälle des Kunden zu identifizieren. Die ermittelte Longlist enthielt ca. 311 Anbieter, die von uns durch eine sorgfältige Analyse gescreent und von denen mittels Erstgesprächen 10 Anbieter priorisiert wurden. Die Erstgespräche dienten dazu, die Lösungen initial zu validieren, sowie erste Kosten- / Nutzenschätzungen abzuleiten, anhand derer Lösungen direkt verglichen werden konnten.

Mit diesen Anbietern haben wir gesprochen:

Schritt 3: Technologien im realen Umfeld ausprobieren & Effekte messen

Wir haben schließlich zwei ausgewählte Technologien in einem realen Baustellenumfeld getestet, wobei der Schwerpunkt auf der Überprüfung der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit lag, insbesondere hinsichtlich der Produktivitätssteigerung der Mitarbeitenden.

Eine der Technologien befindet sich derzeit noch in der Pilotphase. Die andere Lösung konnte bereits erfolgreich validiert werden und erzielte je nach Anwendungsfall eine Effizienzsteigerung von 10 bis 45 %. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wird sie bereits unternehmensweit implementiert. Die Pilotprojekte haben deutlich gezeigt, dass innovative Technologien, selbst in wenig digitalisierten Branchen, nicht nur effizient, sondern auch skalierbar und flexibel sind.

Fazit

Unsere systematische Herangehensweise hat nicht nur zu einer signifikanten Effizienzsteigerung geführt, sondern auch den Grundstein dafür gelegt, wie weitere innovative Projekte innerhalb des Unternehmens angegangen werden.

Mehr als “nur Tech”: Die erfolgreiche Einführung neuer Technologien erfordert es, die Menschen mitzunehmen

In der Baubranche sind insbesondere Kultur- und Change-Management ein großes Thema, da es entscheidend ist, die Mitarbeiter auf den Baustellen mit den vorgeschlagenen Innovationen so abzuholen, dass auch sie den Mehrwert in ihrer täglichen Arbeit sehen. Die Akzeptanz neuer Technologien und Prozesse hängt stark davon ab, wie gut die Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess eingebunden und bei der Umstellung auf neue Arbeitsweisen begleitet werden.

Du möchtest die Effizienz in deinem Unternehmen mit dem Einsatz passender, innovative Technologien steigern und dabei den Change-Management-Prozess erfolgreich gestalten, weißt aber nicht, wo du anfangen sollst? Dann melde dich gerne bei uns!

Autorin

Anna Welbers

Als Consultant im Innovation & Ventures Team unterstützt Anna unsere Kunden bei der Entwicklung, der Validierung und dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle. Mit ihrer starken Begeisterung für das Startup-Ökosystem fokussiert sie sich unter anderem darauf, das Innovationsumfeld unserer Kunden systematisch zu analysieren und Synergien zwischen Startup- und Corporate Welt zu schaffen. Vor ihrer Zeit bei hy hat Anna erste Erfahrungen bei der Unternehmensberatung Accenture gesammelt, sowie verschiedene Startups in unterschiedlichen Wachstumsphasen begleitet, von wo sie insbesondere Erfahrung in den Bereichen E-Commerce und B2B Marktplätze mitbringt. Anna hat zwei interdisziplinäre Bachelorabschlüsse aus den Fachbereichen Betriebs- und Volkswirtschaftslehre sowie Philosophie. Ihren Master absolvierte sie an der Copenhagen Business School mit einem Schwerpunkt auf Innovationsmanagement, Marketing und Entrepreneurship.
220128 - Portrait - Christian Geiss
Autor

Christian Geiss

Als Senior Vice President bei hy unterstützt Christian unsere Geschäftskunden bei der Entwicklung, Validierung und Kommerzialisierung disruptiver Geschäftsmodelle. Bevor er zu hy kam, war er Director Global Business Innovation bei Mercedes-Benz. In dieser Position erfand er „Mercedes.me“, Benchmark für die direkte und digitale Kundeninteraktion, sowie  „CarMesh“, eine Technologie für  KI-basierten Datenaustausch für Fahrzeuge. Als Mitbegründer und CMO von „Car2Go“ qualifizierte sich Christian für Fast-Track-Programme bei Daimler. Vor seiner Karriere bei Daimler gründete er Deutschlands erste Online-Vertriebsplattform zur Wiedervermarktung von Flotten- und Firmenwagen. Christian hat einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre der Universität zu Köln mit den Schwerpunkten Marketing und Informationstechnologie.