4 Fragen an Solveig Schulze

Solveig Schulze ist Managing Director bei signals, der Innovationseinheit der Signal Iduna. Von Hause aus Politikwissenschaftlerin und Mitglied im Wirtschaftsbeirat der Grünen, hat sie noch International Business „draufgesetzt“ wie sie sagt, um so die Brücke zwischen Politik und Wirtschaft zu schlagen. Dieser Brücken-Gedanke so sagt sie, ist seither ihr Fundament, sei es beim Aufbau des Lufthansa Innovation Hub an dem sie beteiligt war, oder in ihrer neuen Aufgabe bei signals, über die unser Kollege Sebastian Voigt mit ihr gesprochen hat.

 
Signals ist die Innovationseinheit der Dortmunder Versicherung Signal Iduna und ihr betreibt diverse Programme, vom Pre-Seed Fonds bis hin zum Open-Studio. Was noch nicht so verbreitet ist, ist das Venture Clienting. Kannst du kurz erläutern, was ein Venture Client ist und wie das bei euch funktioniert?

signals ist für uns die Dachmarke, unter der vier Initiativen laufen. Unser Pre-Seed Programm, der Venture Client – wir nennen es Startup Client – die Open Studios und unser weiterführender Fonds. Das Startup Client Programm ist für uns das Partnerschafts-Vehikel. Das bedeutet, dass wir die Herausforderungen, der Signal Iduna, gerade im Bereich Digitalisierung und digitale Transformation, durch Partnerschaften mit jungen Startups am Markt lösen. Wir gehen dabei stark danach vor, was unser Kunde, die Signal Iduna, in dem Moment braucht bzw. welche Herausforderung es dort gerade gibt. Dann screenen wir den Markt und versuchen die richtigen Player zu finden, teilweise natürlich auch in unserem Portfolio. 

Wir evaluieren die relevantesten Startups am Markt und präsentieren diese Auswahl der Signal Iduna oder direkt dem Fachbereich, der dafür verantwortlich ist. Danach steigen wir tiefer ein, führen Produktdemos durch und versuchen die Erwartungshaltung von beiden Seiten zu erfüllen. Ich glaube, dass ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die Startups doch oft eine andere Sprache sprechen. Wir sind hier also auch die Brücke und teilweise der Übersetzer zwischen den Welten. Nach den Produktdemos unterstützen wir auch in der technischen Integration.

Letztendlich schauen wir uns auch an, welche Abläufe und Gremien durchlaufen werden müssen. Jeder, der sich mit Corporates beschäftigt weiß, dass das eine etwas größere Angelegenheit ist. Wir bleiben auch bei den Verhandlungen involviert, bis es dann zum Ausrollen eines Piloten geht.  Ab da ziehen wir uns eigentlich erst einmal wieder zurück und übergeben das Thema komplett an den Fachbereich. Im nächsten Schritt sprechen wir dann meist zwei bis drei Monate später wieder, wenn der Pilot getestet wurde. Dann holen wir Feedback ein, schauen welche KPIs erreicht wurden und wie wir weiter unterstützen können, bis es dann auch in den richtigen Rollout geht.

Was für Startups bewerben sich bei dem Startup Clienting Programm? Sind es typischerweise InsurTechs, die dann eher einen Vertriebspartner suchen, oder können es auch ganz andere, vielleicht sogar versicherungsfremde Unternehmen sein?

Interessanterweise sind es eher versicherungsfremde Startups, aber das ist auch unser Ansatz. Wir gucken wirklich über das Thema „Versicherung“ hinaus. Wir wollen als Lösungs-Anbieter agieren und konkret schauen, welcher Bereich eigentlich welches Thema braucht. 

Besonders fokussieren wir uns derzeit auf das Thema SME-Tech, also „Was passiert eigentlich im Mittelstand?“, gleichzeitig gucken wir uns stark das Thema „New Mobility“ an. Im Micro Mobility-Bereich zum Beispiel bei Scootern, sind wir ja auch bei Bird (vorher: circ) investiert.  Auch das Thema „Health“ kommt, auch nochmal stärker durch Corona getrieben, immer wieder auf die Bildfläche. Das heißt unsere Partnerschaften sind wirklich sehr breit gefächert. 

Ein weiteres Startup, bei dem wir auch investiert sind heißt  Meisterwerk. Die kümmern sich darum, wie Handwerker eigentlich in Zukunft ihre Abläufe und ihre Terminvergabe digitalisieren. Das Thema „New Work“ ist auch sehr spannend. Da haben wir beispielsweise eine Partnerschaft mit Coach Hub, die eine digitale Coaching Plattform gebaut haben. Oder zum Beispiel Automation Hero, wo es um Digitalisierung von Prozessen geht. Wir haben also eine große Bandbreite, was uns natürlich Spaß macht und was auch widerspiegelt, dass Digitalisierung in jedem Bereich relevant ist.

Jetzt ist signals ja noch kein InnovationsHub-Dinosaurier, was ist euer Ziel für die nächsten 5 Jahre? Was wollt ihr erreicht haben und wie definiert ihr Erfolg für euch und Signal Iduna?

Das ist eine große Frage. Gerade im Bereich von Innovationsökosystemen möchte man sich gar nicht auf so viele Jahre festlegen. Ich glaube es gibt unterschiedliche Dimensionen: Erstmal soll unser VC natürlich rein finanziell gut performen, gleichzeitig ist es doch viel viel mehr als nur das. Wir sind auch angetreten, die digitale Transformation der Signal Iduna Gruppe zu unterstützen, dass heißt hier Partnerschaften und neue Formate zu entwickeln, die den Mitarbeitern innerhalb von Signal Iduna eine neue Sichtweise auf die digitale Transformation geben und zeigen welche spannenden Startups und Trends es gerade im Markt gibt. Wir versuchen also viel Input von außen nach innen zu bringen, der langfristig für jedes Unternehmen extrem wichtig ist, um erfolgreich zu sein. Wir wollen die Mitarbeiter befähigen, auch selber neue Dinge zu entwickeln. Das ist eines unser großen Ziele. 

Es gehört aber noch mehr dazu. Wenn man auf die Innovation Hubs guckt, gibt es hier gerade wieder eine neue Welle und wir müssen uns immer wieder fragen, wie wir uns verändern und weiterentwickeln können, um immer einen Schritt weiter zu kommen. Früher haben alle Reisen ins Silicon Valley gemacht, das war damals auch sehr relevant, aber über diese Zeit sind wir weit hinaus. Wir müssen niemandem mehr erklären, wie wichtig die Digitalisierung oder Software ist und es kann auch keiner mehr hören, dass Daten das neue Gold sind. Es geht jetzt stärker darum, wie wir Konzerne befähigen können, intern selber an den Themen zu arbeiten und uns dann wieder selbst weiterzuentwickeln.

Ich glaube, in 5 Jahren werden wir auf keinen Fall mehr das gleiche Konstrukt sein wie heute und wir werden das Ökosystem öffnen. Für mich ist ganz klar das Ziel, dass was wir das, was wir heute für Signal Iduna machen wirklich öffnen und für andere Mittelständler in Deutschland anbieten, um so Deutschland als Standort bei der Digitalisierung weiter voran zu bringen.

In Sachen Ökosystem-Strategie, Agilität und Transformationswillen scheint die Signal Iduna weit vorne in Deutschland dabei zu sein. Ihr habt zudem eine besondere Form des Management bei signals gewählt, ihr arbeitet in einer Doppelspitze. Du zusammen mit Saskia Sefranek. Dieses Modell gibt es erst relativ selten, meist gibt es ja noch monolithische Strukturen in deutschen Unternehmen. Was ist deiner Meinung nach das größte Potenzial einer Doppelspitze und gibt es auch etwas, was dich daran stört?

Das ist eine spannende Frage, weil auch Saskia und ich dieses Format zum ersten Mal machen. Uns beiden wurden vorher viele kritische Fragen gestellt: Ob wir uns sicher sind, und ob wir jetzt nur noch 50% arbeiten und uns die Stelle teilen? Dem ist nicht so, wir arbeiten beide voll.  Und ich muss sagen, nach einem Jahr Doppelspitze bin ich unglaublich begeistert und sehe fast nur Vorteile. Wir machen uns gegenseitig besser, Entscheidungsprozesse sind effizienter. Wir sind so schnell in Entscheidungen, weil man sich Themen eben nicht hin und herschieben kann, wie es einem passt. So gerne ich etwas finden würde, was mich stört, mir fällt nichts ein. Es hat wirklich meine Erwartungen übertroffen. Es kostet aber viel Arbeit, vor allem die Transparenz. Es gibt kein Thema was wir uns nicht teilen, das macht eine Doppelspitze aus. Es hilft zudem auch dem privaten Umfeld, weil man Arbeitsthemen nicht mit nach hause nimmt. Gleichzeitig machen wir auch viel, um unsere persönliche Beziehung zu halten. Wir haben viele private Meetings. Wenn wir die nicht haben, kommt es auch schneller mal zu Reibungen. Man sollte es auf jeden Fall mal ausprobieren, es hilft auch der Teamdynamik sehr.

Super, vielen Dank Solveig, das hat Spaß gemacht.

Sehr gerne, danke Sebastian.

Wer Lust hat mehr über signals zu erfahren, der kann jederzeit auf Solveig zugehen.

Autor

Dr. Sebastian Voigt

Dr. Sebastian Voigt ist Partner bei hy und verantwortlich für die Pricing and Sales Business Unit. Sebastian studierte Wirtschaftsinformatik und promovierte an der TU Darmstadt zu Monetarisierungsstrategien von digitalen Marktplätzen. Seit über 15 Jahren entwickelt er profitable digitale Geschäftsmodelle. Er arbeitete u.a. als Director bei der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, leitete die Projektteams der Investmentholding von Axel Springer und nahm operative Führungspositionen innerhalb von Bertelsmann und ProSiebenSat1 ein.