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Wie das Internet zum Metaverse wird

Das Metaverse ist nicht nur Facebook oder “Meta”, sondern die nächste Ära des Internets.

Spätestens seit Facebooks Ankündigung, sich in “Meta” umzubenennen und sich auf die vermutlich nächste Entwicklungsstufe des Internets zu fokussieren, ist das “Metaverse” in aller Munde. Der zugegeben hoch gesetzte Anspruch dieses Artikels ist, einen grundlegenden Referenzrahmen für diese weltverändernde und in der Breite noch unterschätzte Entwicklung zu schaffen.
Warum das Metaverse viel mehr ist als “Zuckerbergs neues Projekt” ein Videospiel oder “eine Virtual Reality” (Kapitel 1), woraus es besteht (Kapitel 2) und wie weit wir auf dem Weg in diese neue Ära sind (Kapitel 3), beschreibe ich in diesem Artikel.

Aber fangen wir erst einmal von vorne an

Man stelle sich vor: hinter einer digitalen Nebelwand, ganz nah und doch für die meisten unsichtbar, entwickeln sich unzählige neue Welten. Welten, in denen das Internet wie wir es kennen revolutioniert, weiterentwickelt und vielleicht sogar besser gemacht wird. Und nicht nur einzelne Welten, sondern ein ganzes Universum, das parallel und gleichzeitig in Verbindung mit der realen Welt entsteht: das Metaverse.

Was aber ist das Metaverse? Was steckt hinter dem Begriff, der in den vergangenen Wochen so viel durch die internationale Medienlandschaft gejagt wurde?

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Alles in virtueller Realität, wie in Ready Player One? Mitnichten.

Ein Vergleich

Die heutigen jüngeren Generationen von Europäerinnen und Europäern kennen ein Leben ohne die Europäische Union, ohne ein vereintes Europa, gar nicht mehr. Auch wenn die EU mitnichten ein perfekt gelungenes Projekt ist, so hat sie doch einen bedeutenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Raum geschaffen, bestehend aus zusammenhängenden einzelnen Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Wer in der EU lebt, kann von Hamburg nach Lissabon fahren oder fliegen und kann in Rom, Dublin oder Athen einkaufen – und das alles ohne Zoll zu zahlen, ohne Grenzkontrollen und mit einer einheitlichen Währung, die am nördlichsten Zipfel Finnlands genauso gilt wie in einer Bergtaverne auf Kreta. Dazu entstand mit dem Schengen-Abkommen (auch wenn das natürlich nur an die EU gebunden ist) ein wirtschaftliches Ökosystem, das größer ist als die Summe seiner einzelnen Teile.

Das alte, zersplitterte Europa der Schlagbäume, unzähligen Währungen und komplizierten Zollregularien ist für die Jüngeren, einschließlich mir, kaum mehr vorstellbar. Genauso wenig vorstellbar, wie durch eine Stadt zu schlendern, und in jedem Gebäude, jedem Geschäft, eine neue Identität, eine andere Währung oder auch neue Kleidung nutzen zu müssen.

Ziemlich ähnlich verhält es sich jedoch mit dem heutigen Internet, dem „Web 2.0“: wir kaufen auf Amazon ein, suchen auf Google, unterhalten uns über Zoom, streiten auf Twitter, schauen Filme auf Netflix und spielen in Minecraft. Dennoch sind all das einzelne, größtenteils voneinander entkoppelte Erfahrungen. Mit meinem Amazon-Account komme ich bei Zoom oder Twitter nicht weiter und muss mir für jede dieser Orte einen neue Identität zulegen. Das alles machen wir größtenteils im zweidimensionalen Raum, durch mehr oder weniger große Rechtecke – unsere Bildschirme.

Die Idee des Metaverse ist, all diese losen Einzelteile miteinander zu verbinden. Entstehen soll dabei ein Internet, das realen und virtuellen Raum nahtlos überbrückt, das in Echtzeit und parallel zur analogen Welt passiert, das ein eigenes Wirtschaftssystem hat, das individuelle Verwirklichung ermöglicht wie nie zuvor und in dem digitale Daten und Güter reibungslos und über alle Grenzen hinweg übertragbar sind.

In den folgenden drei Kapiteln beschreibe ich 1) was das Metaverse ist (und was nicht), 2) welche die drei tragenden Säulen des Metaverse sind und 3) wie weit wir schon auf dieser Reise sind.