3 Fragen an Susanne Hahn
Susanne Hahn ist Managing Director von 1886Ventures. Wir haben mit ihr über die Neuausrichtung des ehemaligen Daimler Lab 1886 gesprochen.
Im Dezember 2020 wurde bekannt, dass das Daimler Lab1886 zukünftig als offene Innovationsplattform 1886Ventures weitergeführt wird. Von wem kam der Impuls und was waren die Beweggründe für diese Neuausrichtung?
Ende 2019 habe ich die Weiterentwicklung unserer globalen Innovationseinheit Lab1886 sowie mögliche weitere Schritte auch in Richtung Kommerzialisierung der aus Ideen entstandenen Inkubationsprojekte mit dem Daimler AG sowie dem Mercedes-Benz Vorstand diskutiert.
Mit den Themen standen wir an einem Scheidepunkt. Es sind richtig gute Ideen in Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen und Partnern in Realität umgesetzt worden und auch Produkte mit den entsprechenden IP-Rechten als Assets entstanden. Wir haben uns intensiv mit der nun bevorstehenden Kommerzialisierungsphase befasst. Dabei geht es um das richtige Umfeld um schnell und flexibel auf die jeweilige Marktsituation reagieren zu können, Kooperationen und Partnerschaften schnell und unkompliziert schließen kann und den Fokus auf das neu entstehende Kerngeschäft setzen sollte. Eine reine Übergabe der Themen in die Daimler internen Fachbereiche sorgt erfahrungsgemäß für einen starken Verlust an Innovations- und vor allem Iterationskraft. Die Rahmenbedingungen für profitables, flexibles Wachstum sind für diese neuen Themen nicht ideal, da es eben eine Konzernstruktur ist, die für ein bestehendes Geschäft ausgerichtet ist. Nicht jedoch für den Aufbau von neuem Geschäft und schon gar nicht für die Sicherung von relevanten Marktanteilen.
Unternehmenseigene Innovations- und Digitalbereiche mit dem Fokus New Business stoßen also spätestens in der Phase der Kommerzialisierung an die Grenzen einer wettbewerbsfähigen Umsetzung. In der 1886Ventures haben wir dafür jetzt alle notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben müssen in Hochgeschwindigkeit Entscheidungen getroffen werden – langwierige Entscheidungsprozesse oder Diskussionen welche Richtlinie man noch verletzten könnte sind kontraproduktiv.
Innovation bedeutet auch immer Transformation. Und aus diesem Grund hinterfragen wir uns als Organisation auch permanent. Wenn wir das nicht getan hätten, wären wir in den letzten 14 Jahren auch nicht so erfolgreich gewesen. Aus der reinen Ideenschmiede Business Innovation haben wir mit der Transformation zum Lab1886 eine globale und digitale Innovationsfabrik gebaut, die bis zu 25 Projekte parallel zusammen mit den Fachabteilungen des Konzerns gebaut hat. Die TOP 10 Projekte können nun nahtlos in der neuen Technologie-Holding 1886Ventures schnell und flexibel aufgebaut werden. Die Mitarbeiter werden am Erfolg der Firmen beteiligt – übrigens auch eine wichtige Voraussetzung um externe Investitionen zu akquirieren.
Die Umsetzung war allerdings nicht ganz trivial, da wir von einem hochkomplexen Transfer von IPs, Patenten, Gesellschaften und Technologien in eine neue Holding Unternehmensstruktur sprechen. Allein das Personalthema hat uns gut beschäftigt, weil es sich in der Einheit um Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen und mit unterschiedlichen vertraglichen Grundlagen gehandelt hat. Unsere HR Abteilung und auch der Betriebsrat haben den Prozess exzellent unterstützt.
Mit unserem Partner Mercedes-Benz haben wir ein Standbein in einer deutschen Top-Industrie, unser neuer Partner die GFT Technologies SE, eine international agierende Software-Firma aus Stuttgart, versorgt uns mit dem für uns unverzichtbaren IT und Digital Know-How und unser strategischer Partner, Ulrich Dietz, beflügelt uns mit seinem Entrepreneurial-Mindset jeden Tag aufs Neue. Das Feedback unserer Gespräche mit Investoren, Kunden, Partnern und der Presse zeigen uns auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Und was mich stolz macht ist, die glühende Begeisterung und der absolute Erfolgswille unserer 1886Ventures Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist einfach ein unschlagbar gutes Team und es macht Spaß in einem solchen Umfeld zu sein.
Auf eurer (neuen) Website beschreibt ihr euch als „Co-Innovator“, „Venture Builder“ und „not just another consultancy“. An wen richtet sich das Angebot der 1886Ventures und was macht euch gegenüber anderen, auf dem Papier ähnlichen Angeboten, einzigartig?
Unser Angebot der Zusammenarbeit richtet sich hauptsächlich an mittlere und große Unternehmen aus der Industrie. Denn in diesem Umfeld haben wir auch in den letzten 14 Jahren unsere Erfahrungen gesammelt. Oder wie wir gern sagen – aus der Industrie, für die Industrie. Wir verstehen sehr genau die Organisationspsychologie und die Denkweise solcher Industrieunternehmen, kennen die Potenziale aber auch die Hürden um neue Geschäftsmodelle, gemeinsam umsetzen zu können. Ein Angebot von uns ist es z.B., dass wir Innovationsbereiche von unseren Partnern komplett in die 1886Ventures transferieren können, um in Zukunft noch enger und effizienter zusammenarbeiten zu können. Hierfür gibt es schon erstaunlich viele Anfragen. Wir gehen auf unsere Kunden individuell ein und schauen gemeinsam, wo sie heute stehen und wo wir gemeinsam noch effizienter und erfolgreicher Innovation betreiben können. Hierbei setzen wir auf nachhaltige Partnerschaften und erzeugen Win-Win-Situation.
Das unterstreicht unsere Absicht, anders als klassische Unternehmensberatungen, eine möglichst langfristige Partnerschaft zu schließen um gemeinsam erfolgreich zu werden. Denn der Erfolg unserer Partner, ist auch unser Erfolg.
Ein weiterer Unterschied ist, dass wir als 1886Ventures auch eigene Projekte und Ventures im Portfolio haben. Diese beschäftigen sich mit Themen wie z.B. automatisierten, sprich fahrerlosen, LKW´s, Brennstoffzellentechnologie oder der intelligenten Daten-Vernetzung von Fahrzeugen. Insgesamt haben wir neun Projekte bzw. Firmen im Portfolio. Auch hier ist der Gedanke, branchenübergreifende Kooperationen im Industrieumfeld zu schließen. Denn wir glauben, dass die großen Technologie-und Innovationsthemen der Zukunft gemeinsam eine viel höhere Chance auf Erfolg haben. Das stärkt den Standort Deutschland und zeigt, was hier alles möglich ist, wenn man es gemeinsam angeht. Daher auch der Titel unsere Pressemitteilung im Dezember: “Die Daimler Innovationsschmiede Lab1886 wird zur offenen Innovationsplattform 1886Ventures.”
Welche Nachricht oder Pressemitteilung möchtest du in drei Jahren über 1886Ventures lesen?
Puh, das ist eine schwere Frage. Wichtiger als die Pressemitteilung wäre mir unserer Mission einen deutliche Schritt näher gekommen zu sein und aus einem „Holdingle“ eine richtige Holding aufgebaut zu haben. Unser Mission ist: “We unleash the potential of next technologies to build outstanding data-based ventures that create value for our industry partners.” Wenn wir das in den nächsten drei Jahren, immer wieder erfolgreich gezeigt haben, dann können wir alle stolz sein. Dazu gehört für uns auch den einen oder anderen Exit umzusetzen oder die Monetarisierung über Anteilsverkäufe. Zu allererst bauen wir nun aber das Geschäft ganz konservativ auf, so wie sinnvollerweise neue und nachhaltige Firmen aufgebaut werden. Und daran arbeiten wir jeden Tag, mit einer Truppe aus hochmotivierten Experten, sehr hart.
Über 1886Ventures
1886Ventures – The next Technology Venture Group, ging im Jahr 2020 aus dem Lab1886, dem Innovationsbereich von Mercedes-Benz und der Daimler AG hervor. Sie hat es sich zur Aufgabe gesetzt, mit Hilfe von Zukunftstechnologien in den Bereichen künstliche Intelligenz, Brennstoffzelle, Logistik oder der Mobilität der Zukunft neue, daten-basierte, Geschäftsmodelle zu entwickeln und Firmen im Industrieumfeld zu gründen. Die 1886Ventures setzt dabei auf branchenübergreifende Industriekooperationen. Aktuell umfasst das Portfolio neun Projekte und Spin-offs. Die Gesellschafter der 1886Ventures sind die Daimler AG, die GFT Technology SE sowie die RB_Capital.
Susanne Hahn
Susanne Hahn, wurde 1976 in Esslingen am Neckar geboren. Im Januar 2001 trat sie über das Führungsnachwuchsförderprogramm in die Daimler AG ein. Ihre Stationen bei der Daimler AG führten sie durch unterschiedlichste Bereiche der automobilen Wertschöpfungskette. Sie begleitete diverse Managementfunktionen in Entwicklungs-, Produktions-, und Supply Chain-bezogenen Bereichen. Nach einer Assistenzfunktion im Daimler Vorstand, verantwortete Frau Hahn 8 Jahre lang TOP-Management Funktionen im Konzern. Sie war u.a. für den Bereich der globalen Konzernorganisation der Daimler AG zuständig und transformierte danach den Innovationsbereich der Daimler AG Business Innovation in das Lab1886. Nach einer weiteren Transformation des Bereichs wechselte sie im Dezember 2020 als geschäftsführende Gesellschafterin in die neu gegründete Technologieholding 1886Ventures.
Bis Dezember 2020 hat sie Daimler über 3 Jahre im Beirat der Volocopter GmbH vertreten, seit Januar 2021 ist sie im Beirat der KÜSTER Automotive GmbH.