4 Fragen an Jürgen Stein
Jürgen Stein ist der Innovations-Chef bei der EnBW. Im Juni 2021 erhielt Jürgen und das Team der EnBW den „Digital Lab Award 2021“ von dem Wirtschaftsmagazin Capital. Damit gehört das Unternehmen auch in diesem Jahr wieder zu den besten Innovationslaboren Deutschlands. In ihrer Rolle unterstützt die EnBW Innovation als kompetenter und finanzstarker Partner junge Gründer:innen und reife Start-Ups in ihrem Weiterkommen.
Hi Jürgen, Gratulation zur erneuten Auszeichnung der EnBW Innovation für eines der besten Innovation-Labs in Deutschland. Zu Euren Erfolgen gehören u.a. Start- und Scale-ups wie SMIGHT Grid, LIV-T, WTT CampusONE oder ChargeHere. Kannst Du uns und unseren Lesern verraten, welche Schritte notwendig sind, um eine nachhaltige, erfolgreiche und übergreifende Innovationspipeline – wie sie bei EnBW existiert – aufzubauen?
Der Aufbau von Neugeschäft erfordert zunächst ein gutes Gespür für ein zu lösendes „Problem“ und eine Idee für eine gute Lösung. Dafür braucht es Menschen, die kritisch denken und Lösungen finden wollen. Wenn die Ideen gereift sind und daraus stabile Geschäftsmodelle werden, braucht es Unternehmertum und Ausdauer. Damit uns das alles gelingt, müssen wir zunächst einmal gute Gastgeber und Coaches sein. Wir müssen Prozessbarrieren abbauen, den kreativen Raum stellen und eine offene Kultur des „Wollens“ schaffen. Klare strategische Leitplanken helfen dabei, sich nicht so schnell im zu großen Raum zu verlieren. Dafür haben wir zusammen mit der Innovation und den Geschäftsbereichen zentrale Zukunftsfelder definiert. Zusätzlich zur Entwicklung eigener Ideen und Geschäfte, kooperieren wir auch mit externen Startups, bauen die Brücke zwischen ihnen und dem Konzern, und finanzieren auch mal externe Teams in der frühen Phase. Zudem haben wir über die New Ventures einen finanzorientierten Corporate Venture Capital Fund aufgesetzt, der in externe Startups investiert.
Bei Euch stehen in Kürze die „Innovations-Wochen“ an. Was verbirgt sich dahinter?
Wir müssen täglich aufs Neue die richtige Balance finden zwischen Nähe zum Konzern und Freiraum von Konzernprozessen. Dazu gehört immer wieder die Aufklärung, dass Innovation anderen Regeln, Steuerungen und Prozessen unterliegt als das Bestandsgeschäft. Diese „Ambidextrie“ hat für uns viel mit Kommunikation zu tun – zu erklären, was anders ist, aber genauso immer wieder Kolleg:innen einzuladen sich auf diese Reise einzulassen. Das Potential durch die Mitarbeiter:innen eines Konzerns wie der EnBW ist riesig. Das wollen wir noch besser nutzen und werden sechs Wochen lang unsere internen Kanäle intensiv mit dem Thema Innovation bespielen. Wir schaffen mit verschiedenen Formaten wie Live-Talks, Interviews und Podcasts Raum für Austausch und Dialog, wir schauen über unseren EnBW Tellerrand hinaus und sprechen mit vielen spannenden Gründer.innen, Unternehmer:innen und Wissenschaftler:innen u. a. über Trends, Netzwerke und Mindsets.
Der Fokus Eurer Venture Aktivitäten liegt auf den Innovationsfeldern „Vernetzte Mobilität“, „Connected Home“, „Urbane Infrastruktur“ und „Digital Utility“. Welche aufstrebenden Geschäftsmodellen siehst Du hier besonders gern beim Wachsen zu?
Ich sehe grundsätzlich allen unseren Innovationen gerne beim Wachsen zu. Um aber zwei aktuelle Beispiele zu geben: Im Bereich vernetzte Mobilität denke ich sofort an BEN Fleet Services. BEN übernimmt für Carsharer und andere Mobility Service Provider den Betrieb ihrer Fahrzeugflotten. Die Kund*innen von BEN können sich im Gegenzug mehr auf das Kerngeschäft ihrer Mobility Services konzentrieren. Das ist ein Markt, in dem aktuell sehr viel Dynamik steckt. Mindestens genauso spannend ist unsere Beteiligung DZ4 im Geschäftsfeld Connected Home. Die gehören zu den ersten deutschen Anbietern von Solaranlagen zur Miete. Das Geschäftsmodell ist nah an unserem Kerngeschäft und hatte uns sofort überzeugt: DZ-4 reduziert durch günstige Mietmodelle den Kapitalbedarf und erleichtert es so vielen Haushalten, sich für eine eigene Solaranlage mit Batteriespeicher zu entscheiden.
Ihr habt mit dem Aufbau eures digitalen Ökosystems bereits 2013 begonnen und dementsprechend ein starkes Netzwerk zu Startups und Innovatoren aufgebaut. Was ist das Ziel Eurer Netzwerkstrategie?
Neue Ideen entstehen selten allein im stillen Kämmerlein, sondern nah am Markt und an den Kunden, an deren Bedürfnissen und Problemen. Durch Beobachtung und den Austausch mit anderen. Netzwerke sind wichtig in diesem Prozess: sie bringen unterschiedliche Sichtweisen, Erfahrungen, Kulturen und Know-how zusammen. Wir nutzen unser Netzwerk in erster Linie aktiv, um mit den richtigen Menschen in Verbindung zu treten und zu bleiben und ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für uns nutzen zu können. Gleichermaßen bieten wir in unserem Netzwerk jederzeit unsere Expertise an, um zu helfen.
Ich denke, wir haben uns eine ganz gute Reputation als offener und verlässlicher Partner aufgebaut, mit dem andere gerne am Tisch sitzen. Ich bin überzeugt: Diejenigen, die besser vernetzt sind, sind nachhaltig innovativer, haben mehr Erfolg und können sich schneller an neue Gegebenheiten anpassen. Und zudem habe ich ganz persönlich mehr Spaß an der Arbeit, wenn ich mich in einem guten Netzwerk eingebunden fühle.
Über EnBW Innovation
EnBW Innovation ist seit Mitte 2014 fester Bestandteil der EnBW Unternehmensstrategie und hat sich zwischenzeitlich an die Spitze der deutschen Corporate Innovationslandschaften gearbeitet. In Partnerschaft mit engagierten Gründer:innen, Investor:innen und Mitarbeiter:innen entwickelt EnBW Innovation wirtschaftlich erfolgreiche Geschäftsmodelle in energienahen, aber auch jenseits davon gelegenen Märkten. Mit Inkubation, Company Builder und der EnBW New Ventures ist EnBW Innovation in allen Innovationsphasen aktiv und unterstützt als kompetenter und finanzstarker Partner junge Gründer:innen und reife Start-Ups in ihrem Weiterkommen.
Website: www.enbw.com/innovation
Über Jürgen Stein
Jürgen Stein, Head of Innovation Management, hat an der Universität Karlsruhe Maschinenbau studiert und war in unterschiedlichen Führungspositionen in der Energie- und Telekommunikationsbranche tätig, verbunden mit mehrjährigen Auslandsaufenthalten in China, Singapur und den USA. Bis 2018 war Jürgen Stein bei Solarworld als CEO für das Amerikageschäft verantwortlich sowie für das operative Geschäft weltweit. Seit 2020 leitet Jürgen Stein das Innovationsmanagement beim Energieunternehmen EnBW Energie Baden-Württemberg AG.